56. Grimme-Preis 2020

Der Pass (Wiedemann & Berg/epo-Film für Sky)

Grimme-Preis an

 

Cyrill Boss (Buch/Regie)

Philipp Stennert (Buch/Regie)

Philip Peschlow (Kamera)

Franz Hartwig (Darstellung)

Julia Jentsch (Darstellung)

Nicholas Ofczarek (Darstellung)

Quirin Berg (stellv. für die Produktion)

Quirin Schmidt (stellv. für die Produktion)

 

Produktion: Wiedemann & Berg in Koproduktion mit epo-Film

Erstausstrahlung: Sky 1, Freitag, 25. Januar 2019, 20.15 Uhr

Sendelänge: 8 Folgen, je ca. 45 Min.

 

Inhalt

„Der Pass“ beginnt mit dem Fund einer Leiche, die auf einen deutsch-österreichischen Grenzstein in die verschneite Berglandschaft drapiert wurde. Während der aus Wien strafversetzte Kommissar Gedeon Winter (Nicholas Ofczarek) völlig desillusioniert ist, ermittelt auf deutscher Seite eine richtige Streberin, die fast schon enervierend nette Ellie Stocker (Julia Jentsch). Schnell wird klar, dass es sich um einen Serienmörder handelt, der in Verkleidung des Krampus medienwirksam mordet. Über ein Onlineportal gelingt es den Ermittlern, Kontakt zum Täter (Franz Hartwig) aufzubauen. Doch dieser durchschaut das Spiel, hackt sich in das digitale Leben von Ellie Stocker ein und ist nun der Polizei immer einen Schritt voraus. Nach schwierigen Ermittlungen wird ein Trittbrettfahrer für die ‚Krampusmorde‘ verantwortlich gemacht, der Fall scheint gelöst. Doch Kommissar Winter ist fest davon überzeugt, dass der wahre Mörder noch frei herumläuft. Er setzt sich gegen alle polizeiinternen Widerstände durch und überzeugt schließlich auch Stocker, der die beruflichen und privaten Desaster rund um den Fall stark zugesetzt haben. Der Täter hat sich inzwischen in sie verliebt und sucht, nachdem er ihre digitale Vergangenheit ausspioniert hat, nun ihre physische Nähe.

 

Stab

Produktion: Wiedemann & Berg in Koproduktion mit epo-Film

Executive Producers: Quirin Berg, Max Wiedemann, Dieter Pochlatko, Jakob Pochlatko, Quirin Schmidt, Marcus Ammon, Frank Jastfelder, Frank Buchs

Buch: Cyrill Boss, Philipp Stennert, Mike Majzen

Regie: Cyrill Boss, Philipp Stennert

Kamera: Philip Peschlow

Schnitt: Lucas Seeberger, Andreas Baltschun

Ton: Walter Fiklocki, Quirin Bohm, Herbert Verdino

Musik: Jakob Shea, produziert von Hans Zimmer, Russell Emanuel

Darstellung: Julia Jentsch, Nicholas Ofczarek, Franz Hartwig, Hanno Koffler, Lucas Gregorowicz, Lukas Miko, Natasha Petrovic u.v.m.

Redaktion: Quirin Schmidt (Sky)

 

Begründung der Jury

„Der Pass“ führt das Publikum nicht nur in eine eiskalte Alpenlandschaft, sondern auch aufs Glatteis. Zu Beginn der Thrillerserie scheint alles nach altbewährtem Muster abzulaufen. Eine sonderbar inszenierte Leiche, die auf einen Täter mit großem Aufmerksamkeitsdefizit schließen lässt; ein ungleiches Ermittlerteam, bei dem Spannungen vorprogrammiert sind; ein Verdächtiger, der zwar abstoßend, aber kein Mörder ist.

In nur zwei Folgen haben die Autoren und Regisseure Cyrill Boss und Philipp Stennert die vorhersehbaren Erwartungen an das Genre geweckt, etabliert und dann abgefrühstückt. Spätestens ab Folge 3 verschiebt sich das gesamte Gefüge. Der Mörder wird eingeführt und verliert sein Etikett: Aus dem Krampusmörder wird Gregor Ansbach, großartig gespielt von Franz Hartwig. Da Ansbach die Ermittlungen digital verfolgt, ist er der Polizei immer einen Schritt voraus, zusammen mit den Zuschauerinnen und Zuschauern. Das Publikum wird nicht nur Zeuge der Taten, sondern durch den Informationsvorsprung auch zu Komplizen des Mörders. Damit wird aus dem anfänglichen Rätsel, wer der Mörder ist, Suspense und zur Neugier, wie es weitergeht, gesellt sich die Angst um Ellie Stocker.

Der Thriller entwickelt einen ungeheuren Sog und lotet gleichzeitig die Möglichkeiten des Genres auf multiplen Ebenen aus. Besonders die Figurenzeichnung ist bemerkenswert und so nicht oft im deutschen Fernsehen zu sehen. Denn trotz temporeicher Aktionen lässt die Serie den Figuren viel Zeit, sich zu entwickeln und ihren Facettenreichtum zu zeigen. Einmal fängt Gedeon Winter in seinem Stamm-Kaffeehaus unerwartet an, lauthals zu singen. Die Jagd nach dem Mörder gibt dem Leben des abgehalfterten Kommissars wieder einen Sinn. Gleichzeitig bleibt er eine zutiefst traurige Figur, die ihrer Geschichte nicht entkommt. Die Nuancen dieses komplexen Charakters werden von Nicholas Ofczarek fulminant verkörpert. Auch Julia Jentsch stellt die zunehmende Verletzlichkeit der vom Leben gezeichneten Ellie Stocker vielschichtig und eindringlich dar. Sogar der Mörder erhält durch alltägliche Verrichtungen eine menschliche Seite, ohne dass seine Monstrosität verharmlost wird.

Für das regionale Setting in alpenländischer Kulisse und mit dem Leitmotiv des Krampus entwickelt Philip Peschlow (Kamera) eine eiskalte Bildsprache. Hier heimelt nichts, die frostigen Panoramen wirken unterstützt von der atmosphärischen Musik majestätisch, kalt und unheimlich. „Der Pass“ ist eine Serie auf höchstem Produktionsniveau, ein Vorbild für den Produktionsstandort Deutschland.

 
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