markante Erzählweisen mit individueller Handschrift

Die Preisverleihung

„Packende Fernsehfilme auf höchstem professionellen Niveau, bewegende und formal ausgefeilte Dokumentationen sowie pointierte Unterhaltung kennzeichnen den aktuellen Grimme-Preis-Jahrgang“, so Grimme-Direktor Uwe Kammann in seiner Bilanz bei der heutigen Pressekonferenz in Düsseldorf. „Auffällig sind auch die starken zeitgeschichtlichen Bezüge, die sogar bis in die Unterhaltung reichen.“ Wie in den Vorjahren beeindrucke das deutsche Fernsehen durch herausragende Qualitäten an der Spitze. Insgesamt werden in den drei Wettbewerbskategorien Fiktion, Information & Kultur sowie Unterhaltung zwölf Preise vergeben.

Fünf Produktionen werden im Wettbewerb „Fiktion“ ausgezeichnet. „Der letzte schöne Tag“ (WDR) erzählt von einer Familie, die nach dem Selbstmord der Mutter wieder zu neuer Normalität finden will. Die Trophäen gehen an die Autorin Dorothee Schön, Regisseur Johannes Fabrick und Wotan Wilke Möhring stellvertretend für das Darstellerteam.

Für ihre Leistungen im Justiz-Drama „Das Ende einer Nacht“ (ZDF), das sich um eine mögliche Vergewaltigung dreht, erhalten Autor Magnus Vattrodt, Regisseur Matti Geschonneck sowie die Schauspielerinnen Ina Weisse und Barbara Auer eine Grimme-Trophäe. Weitere Auszeichnungen gehen an Autor Jochen Bitzer, Regisseur Stephan Wagner und Darsteller Robert Atzorn für ihren Film „Der Fall Jakob von Metzler“ (ZDF), der den Entführungsfall des Frankfurter Bankierssohnes rekonstruiert.

Thomas Kirchner (Buch), Christian Schwochow (Regie), Lars Lange (Ausstattung) sowie die Darsteller Jan Josef Liefers, Claudia Michelsen und Sebastian Urzendowsky erhalten einen Grimme-Preis für „Der Turm“ (MDR/Degeto/BR/NDR/WDR/SWR/rbb). Der Zweiteiler gibt Einblick in den Alltag der Bildungselite Dresdens in den 80er Jahren, kurz vor dem Ende der DDR. Ein Grimme-Preis „Spezial“ geht an Anke Greifeneder, Quirin Berg, Tobi Baumann, Sebastian Wehlings und Christian Lyra für die Idee und Konzeption des Formats „Add a friend“ (TNT Serie).

Für Grimme-Direktor Uwe Kammann zeichnen sich alle PreisProduktionen durch „markante Erzählweisen mit jeweils sehr individueller Handschrift“ aus. Daneben überzeugten sie durch exzellente Darsteller, sehr überzeugende Vergegenwärtigungen von Milieus, Zeitumständen und gesellschaftlichen Konfliktlinien. „Und dies alles mit hoher formaler Gestaltungskraft.“

In der Kategorie „Information & Kultur“ wird Thomas Riedelsheimer für seinen Film „Seelenvögel“ (WDR) ausgezeichnet, in dem er drei an Leukämie erkrankte Kinder begleitet. Eric Friedler bekommt einen Grimme-Preis für seine Dokumentation „Ein deutscher Boxer“ (NDR/SWR), die Höhen und Tiefen im Leben von Charly Graf nachzeichnet. Für das Portrait „Vaterlandsverräter“ (ZDF/ARTE) über den früheren DDR-Schriftstellers Paul Gratzik erhält Annekatrin Hendel eine Auszeichnung. Andrej Nekrasov, György Dalos, Christian Beetz und Georg Tschurtschenthaler erhalten einen Grimme-Preis für die Reihe „Lebt wohl, Genossen!“ (ZDF/ARTE/rbb), in der sie den Untergang der Sowjetunion aus unterschiedlichsten Blickwinkeln erzählen. Einen Grimme-Preis in der Kategorie „Spezial“ erhält Bettina Braun für ihre Langzeitbeobachtung von drei Kölner Migranten in der DokumentarTriologie „Was lebst Du?“, „Was du willst“ und „Wo stehst du?“ (ZDF).

„Die Dokumentationen sind durch eine intensive Nähe zu den Menschen, einen sehr sorgfältigen Umgang mit den Biographien und Lebensumständen sowie durch formale kongeniale Übersetzungen der jeweiligen Besonderheiten geprägt“, so Uwe Kammann. Damit entstünden „dichte Bilder von Wirklichkeiten, die wiederum den Eindruck hoher Wahrhaftigkeit vermitteln.“

Im Wettbewerbskontingent „Unterhaltung“ erhalten Mizzi Meyer, Arne Feldhusen und Bjarne Mädel einen Grimme-Preis für die Folge „Schottys Kampf“ aus der Serie „Der Tatorteiniger“ (NDR). In der Ausgabe wird Heiko 'Schotty' Schotte zu einem Einsatz in ein Vereinsheim brauner Gesinnungsgenossen gerufen. Weiterhin werden die Macher von „Switch Reloaded – 'Wetten, dass..?'-Spezial“ (ProSieben) ausgezeichnet, namentlich Martin Brindöpke und Markus Hennig (beide Buch), Dirk Nabersberg (Regie), Sarah Wirtz (Maske) und Max Giermann (stellvertretend für das Ensemble). Hier wird die Premiere des neuen „Wetten, dass..?“-Moderators Markus Lanz satirisch aufs Korn genommen.

„Es ist so ungewöhnlich wie gerechtfertigt“, so Grimme-Chef Uwe Kammann, „dass der ‚Tatortreiniger’ schon zum zweiten Mal einen Preis erhält. Die thematisch so ausgefallene, weil hochpolitisch zugespitzte Folge bietet schlicht eine nochmalige Qualitätssteigerung, unkonventionell in jeder Hinsicht.“ Die Unterhaltungssatire „Switch Reloaded“ wiederum stehe für intelligente und perfekt funktionierende Fernsehparodie.

Der Sonderpreis Kultur des Landes Nordrhein-Westfalen geht in diesem Jahr an Shaheen Dill-Riaz für „Fremde Kinder – Der Vorführer“ (ZDF/3sat), der hier von einem Filmvorführer in Indien erzählt. Eine lobende Erwähnung der Jury geht an die Produktion „WIR“ (WDR/Planet Schule) von Anna Wahle für die herausragende Bildgestaltung und die gelungene Verdichtung von dokumentarischem Inhalt und experimenteller Form.

Der Publikumspreis der Marler Gruppe geht an Beate Langmaack (Buch), Rainer Kaufmann (Regie) sowie Devid Striesow und Stipe Erceg (beide Darstellung) für den Fernsehfilm „Blaubeerblau“ (BR/MDR/Degeto), der zeigt, wie Menschen sich mit dem Leben in einem Hospiz auseinandersetzen. Jan Schomburg erhält das Eberhard-Fechner-Förderstipendium der VG Bild-Kunst für den Fernsehfilm „Über uns das All“ (WDR). Der Film begleitet eine junge Frau nach dem un- erwarteten Selbstmord ihres Mannes auf ihrem Weg zurück ins Leben.

Dem Regisseur Matti Geschonneck hat der Stifter des Grimme-Preises, der Deutsche Volkshochschulverband, in diesem Jahr die Besondere Ehrung für seine herausragenden Verdienste um das deutsche Fernsehen zugesprochen.

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