47. Grimme-Preis 2011

Klimawechsel (ZDF)

PreisträgerInnen

Buch/Regie: Doris Dörrie
Buch:
Ruth Stadler
Regie:
Gloria Behrens

Regie:
Vanessa Jopp

Produktion: MOOVIE the art of entertainment, Oliver Berben

Erstausstrahlung: ab Mittwoch, 7.04.2010, 21.00 Uhr

Sendelänge: 6 Folgen, je 45 Min.

Inhalt

Mal solidarisch, mal im erbitterten Zickenkrieg, aber immer mit Witz, Lebensklugheit und jeder Menge hormongesteuerter Emotionen versuchen vier älter werdende Lehrerinnen und eine Gynäkologin das unausweichliche Schicksal der Frau in Würde zu meistern – die Wechseljahre.

Begründung der Jury

„Die Szene mit der Hundestellung beim Yoga fand ich blöd“, sagt ein männliches Jurymitglied. Worauf ein weibliches entgegnet: „Du kannst es Dir eben nicht vorstellen, wie es ist, wenn Du in den Wechseljahren bist, Dein Körper an allen Ecken und Enden zu hängen beginnt, Du Dich unglaublich nach Sex sehnst, während Dein Mann am Computer hängt und Dich nicht mehr anguckt. Dann ist das großartig, seinen Yoga-Lehrer hinter sich zu haben, der einem seinen wahrscheinlich halb erigierten Penis an den Hintern drückt!“

Womit der Kern, die Kraft und die Wirkung von „Klimawechsel“ auf den Punkt gebracht wären. Frauen in den Wechseljahren – das weitgehend ignorierte Thema, in einer sechsteiligen Serie im ZDF, abends, um 21 Uhr.

Den Autorinnen und Regisseurinnen von „Klimawechsel“ ist es zusammen mit dem großartigen Ensemble gelungen, die zuweilen furchteinflößende Phase der Menopause lustig, bitter, böse, vor allem aber hoch unterhaltend darzustellen und neue Wege für erzählendes Fernsehen aufzeigen. Rezepte hält die Serie dabei nicht bereit, sie kann weder den Schweißtrieb dämmen noch die Gereiztheit. Aber sie hilft, den Blick auf die Wechseljahre zu verändern. Und sich bewusst zu machen, dass „Wechseljahre“ kein Einzelschicksal sind und dass Lachen hilft, das Ganze halbwegs zu ertragen. In einer rundum preiswürdigen Serienrealisierung, der es gelingt, ein ernsthaftes Thema im besten Sinne der Unterhaltung darzustellen: intelligent, feinsinnig, witzig.

Doris Dörrie und Ruth Stadler haben dabei als Autorinnen stellvertretende Charaktere gezeichnet, ohne sie in den gängigen Frauen-Klischees hängen zu lassen; Charaktere zudem, die nicht zuletzt durch Boshaftigkeit und Sexualtrieb überraschen. Einzuschließen ins große Lob für außergewöhnliche Unterhaltung ist natürlich auch die Regieleistung von Gloria Behrens, Vanessa Jopp und Doris Dörrie. Weil sie uns desolate Protagonistinnen zeigen, ohne sie vorzuführen. Weil es ihnen gelingt, das Frau-Sein als eine vielschichtige Daseinsformen zu präsentieren. Und weil sie ein großartig besetztes Ensemble dahin führen, wo beim erzählenden Fernsehen meist die Klappe fällt: in die ungeschminkte Realität. Falten, Fett und falsche Haare – den Schauspielerinnen bleibt nichts erspart. Es ist die Leistung der Regisseurinnen, dass einem beim Zuschauen das Lachen nicht vergeht.

Ein besonderer Dank geht die Senderspitze des ZDF, die den Mut hatte, ein so unbequemes Thema allen Weichspültendenzen zum Trotz in ihr Programm zu heben und zu zeigen, dass Unterhaltung und Anspruch zwei Seiten einer Medaille sind.

 
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