Diskussionsrunde zur besonderen journalistischen Leistung / Bert-Donnepp-Preis an Burmester und „Besondere Ehrung“ an v. Boehm

Feierlaune, Fake News und Verleihung

(Marl) Endlich Halbzeit! Gestern feierten die Grimme-Jurys gemeinsam mit zahlreichen Nominierten das traditionelle „Bergfest“ im Grimme-Institut, was mit rund 250 Gästen für ausgelassene Stimmung und „kleine Augen“ am Folgetag sorgte. Eine Diskussionsrunde zu den Themen „Fernsehen während Krisen“ und „Besondere Journalistische Leistung“ in Zeiten von Fake News lieferte einen inhaltlichen Input; die feierliche Verleihung des Bert-Donnepp-Preises für Medienpublizistik versprühte zusätzlichen Glanz.

Grimme-Direktorin Frauke Gerlach freute sich in ihrer Begrüßung über die Weiterentwicklung des Instituts und seiner Preise, die spürbar Früchte trage. Seit 2016 können – unter anderem – besondere journalistische Leistungen geehrt werden, inhaltlich gehe es dabei vor allem um die Qualität aktueller Berichterstattung im TV-Bereich. „In Zeiten von Fake News und Populismus ist diese wichtiger denn je“, stellte Gerlach klar. Gemeint sei Fernsehjournalismus, „der uns besonnen, fachlich versiert und reflektiert aktuelle Geschehnisse berichtet, Hintergründe recherchiert und beleuchtet“. Er gehört für die Grimme-Direktorin zum Wesenskern einer freiheitlichen Demokratie. Gerlach weiter: „Der Preis für besondere journalistische Leistung bietet hier Orientierung und zeigt beispielhaft, wie Qualität im Fernsehjournalismus aussehen kann.“ Und bei Grimme entscheiden darüber unabhängige Jurys nach sorgfältiger Programmbeobachtung: „Das Grimme-Institut will damit auch einen Beitrag gegen die pauschale Diskreditierung des Journalismus als Lügenpresse leisten.“

Unter der Moderation von Peter Stawowy diskutierten im Anschluss Ilka Eßmüller (RTL) und drei Mitglieder der Nominierungskommission bzw. -jury Information & Kultur, René Martens, Fritz Wolf und Jenni Zylka, alle freie Journalisten. Letztere waren sich schnell einig: Im Vergleich zur Berichterstattung nach dem Amoklauf in München habe es eine qualitative Steigerung nach dem Attentat in Berlin gegeben, aber, so Wolf, er bleibe „vorsichtig optimistisch“, ob sich hier ein dauerhafter Lerneffekt eingestellt habe. Wobei Zylka deutlich machte: „Insgesamt findet die Krisen-berichterstattung auf sehr hohem Niveau statt!“ Gerade in Hinblick auf den reformierten Grimme-Preis und die Auszeichnung einer „besonderen journalistischen Leistung“ stelle sich jedoch die Frage, was hier die Qualitätsmaßstäbe sind und wie diese in Einklang zu bringen seien mit den Statuten des Grimme-Preises. Reicht es, wenn jemand einfach ordentliche Arbeit abliefere für eine Auszeichnung oder müsse hier Herausragendes geleistet werden? „Ich fürchte, das werden wir immer wieder neu verhandeln müssen“, so Wolf. Und der zuletzt mehrfach eingeforderte 24h-Nachrichtenkanal? „Das würde die Situation eher verschärfen“, denn er erhöhe den Druck auf die anderen, so Martens, selbst wenn hier möglicherweise schnell(er) reagiert werden könne. Gerade in Zeiten von Fake News sei der Druck enorm: Eßmüller berichtete, dass etwa nach dem Münchner Amoklauf der RTL-Redaktion 21 Videos angeboten wurden, von denen sich die Hälfte nach eingehender Prüfung als falsch erwiesen hätten.

Was könnte zukünftig besser laufen? Einen sorgfältigeren Umgang mit Sprache wünschte sich Martens, während Zylka „mehr Transparenz“ einforderte – gerade auch als Antwort auf die Lügenpresse-Debatte. „Leider wird sich das Rad nicht zurückdrehen lassen“, so Eßmüller, was jedoch nicht zu Lasten der Qualität gehen dürfe. „Aber man darf auch nicht der Letzte sein“, so die RTL-Moderatorin.

Für einen zusätzlichen Glanzpunkt sorgte schließlich die Verleihung des Bert-Donnepp-Preises – des Deutschen Preises für Medienpublizistik. Er ging für das Jahr 2016 an die Autorin, freie Journalistin und ehemalige „Kriegsreporterin“ der taz, Silke Burmester, das „Pussy Riot Girl des deutschen Medienjournalismus“, so Laudator Willi Winkler (SZ). Eine „Besondere Ehrung“ erhielt der – leider abwesende – Autor, Regisseur, Produzent und Moderator Gero von Boehm für sein außerordentliches Gesamtwerk.

Der nach dem Gründer des Grimme-Instituts, Bert Donnepp, benannte Preis wird seit 1991 vom Verein der Freunde des Adolf-Grimme-Preises verliehen. Mehr hierzu unter: www.grimmefreunde.de

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