59. Grimme-Preis 2023

Zum Schwarzwälder Hirsch – eine außergewöhnliche Küchencrew und Tim Mälzer

(Vitamedia Film für VOX)

 

Publikumspreis der Marler Gruppe an:

Sascha Gröhl (Produktion/Regie)

André Dietz (Mentor)

Tim Mälzer (Mentor)

 

Produktion: Sascha Gröhl

Erstausstrahlung: VOX, ab Montag, 24. Oktober 2022, 20.15 Uhr

Sendelänge: 3 Folgen, je 92 - 101 Minuten

 

Begründung der Jury:

Die Produktion „Zum Schwarzwälder Hirsch – eine außergewöhnliche Küchencrew und Tim Mälzer“ erhält in diesem Jahr den Publikumspreis der Marler Gruppe.

Tim Mälzer und André Dietz versuchen gemeinsam mit dem Team, 13 Menschen mit Down-Syndrom fit für den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt in der Gastronomie zu machen. Dabei folgt der „Schwarzwälder Hirsch“ der klassischen Rezeptur für „Gute Unterhaltung“: Eine kleine Portion Bekanntes, eine gehörige Prise Innovatives sowie sehr viel Spannung.

Die Portion Bekanntes: Mit dem durchschimmernden Format von „Kitchen Impossible“ eine Bresche für Inklusion von Menschen mit Down-Syndrom für die Integration in den sogenannten ersten Arbeitsmarkt zu schlagen – etwas, was zunächst unmöglich erscheint und immer wieder zu scheitern droht, und dies am Ende in eine Erfolgsgeschichte zu verwandeln, ist unterhaltsam und überaus spannend. Im Mittelpunkt steht dabei nicht das Kochen, sondern vielmehr die emotionale Achterbahnfahrt aller Beteiligten, nicht nur die von Tim Mälzer und André Dietz als Mentoren der Gruppe, sondern vor allem die der 13 Schützlingen, denen die Zuschauer:innen sich nahe fühlen können: Ohne aufdringlich zu sein, fängt die Kamera ehrlich Höhen und Tiefen der Teilnehmer:innen auf diesem für sie auch oft schwierigen Weg ein. Das Ganze wird glaubwürdig unterstützt von den retroperspektivischen Kommentar-Szenen mit Mälzer, André Dietz und dem Betreuungsteam aus der Akademie Himmelreich, z.B. der Betreuerin Nina.

Die Prise Innovatives: Keine Battle von Tim Mälzer gegen einen seiner Kochkumpels, sondern gegen eine gesellschaftliche Lebenswirklichkeit von Menschen mit Down-Syndrom, die ihre Ausgrenzung in der Arbeitswelt bedeutet. Überzeugend zeigt die Sendung einen Entwicklungsprozess, in dem Tim Mälzer die Spiegelfläche für die Zuschauenden sein kann: Er ist der Ahnungslose, der mit den Berührungsängsten. Wie in einem Krimi mit bösem und gutem Bullen ist André Dietz die passende Ergänzung zu Mälzer: als Vater einer Tochter mit dem Angelman-Syndrom führt er verständnisvoll in die Lebenswelt der Menschen mit Down-Syndrom ein und bietet bezüglich der Schwierigkeiten eine etwas realistischere Einstellung.

Ein Kon(Re-)zept mit viel Qualität, angerichtet vom „Koch“, Regisseur und Produzenten Sascha Gröhl: Es beginnt mit den wie immer siegesgewissen Auftritten Mälzers. Die überhebliche Lässigkeit musste unbedingt auf die Krise zusteuern. Das erste Kochen und die erste Erkenntnis: „Ich war genervt, ich war müde, ich war frustriert,“ verweisen auf ein drohendes Scheitern, das bringt Spannung! Dass das Projekt aber für einige Schützlinge erfolgreich mit der Vermittlung in Arbeitsverhältnisse endet, macht neugierig auf eine Fortsetzung, vielleicht in einem anderen Bereich des Arbeitsmarktes?

Für Inklusion liefert die Produktion eine Art neues Glaubensbekenntnis à la Mälzer: „Ich glaube an die Stärke der Gesellschaft, […] ich glaube an den Ausgleich. Jeder hat eine Fertigkeit, jeder hat eine Unfertigkeit. Und wenn wir die miteinander verbinden, sind wir eine verdammt starke Gesellschaft.“

Das Ganze wurde von VOX zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr serviert. Die Marler Gruppe findet auch das überzeugend.

 
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