54. Grimme-Preis 2018

Babylon Berlin (ARD Degeto/Sky)

Grimme-Preis an

Henk Handloegten (Buch/Regie)

Tom Tykwer (Buch/Regie/Filmmusik)

Achim von Borries  (Buch/Regie)

Alexander Berner (Montage)

Claus Wehlisch (Montage)

Antje Zynga (Montage)

Uli Hanisch (Szenenbild)

Pierre-Yves Gayraud (Kostüm)

Johnny Klimek (Filmmusik)

Mario Kamien (Szenenmusik)

Nikko Weidemann (Szenenmusik)

Liv Lisa Fries (Darstellung)

Volker Bruch (Darstellung)

Peter Kurth (Darstellung)


Produktion:
X Filme Creative Pool/ARD Degeto/Sky/Beta Film

Erstausstrahlung: SKY, Freitag, 13.10.2017, 20.15 Uhr

Sendelänge: 16 Folgen in 2 Staffeln á ca. 45 Minuten


Inhalt

Berlin, Ende der Zwanzigerjahre: Kriminalkommissar Gereon Rath (Volker Bruch), traumatisiert vom Ersten Weltkrieg und morphiumabhängig, ist von Köln in die Hauptstadt gekommen, um dort nach einem heimlich aufgenommenen Film zu suchen, der angeblich den damaligen Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer beim SM-Sex zeigt. Dafür muss er sich mit dem undurchsichtigen Kommissar Bruno Wolter (Peter Kurth) arrangieren. Der Auftrag ist bald ausgeführt, doch der angeschlagene Ermittler wird in den Sog der Stadt gezogen. Mit der jungen Charlotte Ritter (Liv Lisa Fries), einem Büromädchen, das sich nachts als Prostituierte verdingt, begibt er sich ins brodelnde Nachtleben Berlins, wo sich die Wege von Künstlern und Industriellen, von Gangstern und Politikern kreuzen.

 

Stab

Buch: Tom Tykwer, Achim von Borries, Henk Handloegten

Regie: Tom Tykwer, Achim von Borries, Henk Handloegten

Kamera: Frank Griebe, Philipp Haberlandt, Bernd Fischer

Schnitt: Alexander Berner, Antje Zynga, Claus Wehlisch

Ton: Kai Lüde, Klaus-Peter Schmitt

Tongestaltung: Frank Kruse, Alexander Buck, Matthias Lempert 

Musik: Tom Tykwer, Johnny Klimek

Darsteller: Volker Bruch, Liv Lisa Fries, Peter Kurth, Matthias Brandt, Leonie Benesch, Severija Janušauskait, Ivan Shvedoff, Lars Eidinger, Anton von Lucke, Henning Peker, Mišel Maticevic, Fritzi Haberlandt, Karl Markovics, Ernst Stötzner, Jens Harzer u.v.a.

Redaktion: Christine Strobl (ARD Degeto), Sascha Schwingel (ARD Degeto), Carolin Haasis (ARD Degeto), Gebhard Henke (WDR), Caren Toennissen (WDR), Marcus Ammon (Sky), Frank Jastfelder (Sky)

Produzenten: Stefan Arndt, Uwe Schott, Michael Polle (X Filme Creative Pool)

Koproduzenten: Beta Film – Jan Mojto, Dirk Schürhoff, Moritz Herzogenberg 

 

 

Jurybegründung

Im Zentrum dieser in jedem Sinne bahnbrechenden Serie steht der glamouröse Tanztempel Moka Efti, wo ganz unterschiedliche gesellschaftliche Kräfte zusammenkommen: russische Trotzkisten, die von der Konterrevolution träumen; Kriegsversehrte, die im Opiumrausch die Schrecken der Schlachtfelder zu vergessen suchen; Industrielle, die von der Wiederbewaffnung Deutschlands träumen; Künstler, die die Haltlosigkeit der Zeit in rauschhafte Musik verwandeln. Und es zeugt von der reflektierten Gestaltungskraft der drei Autoren und Regisseure Henk Handloegten, Achim von Borries und Tom Tykwer, dass sie diesen Ort der Kunst und des Lasters einerseits als großes Rauschkino inszenieren und zugleich als präzises gesellschaftliches Panorama.

Um das für deutsche Fernsehverhältnisse rekordverdächtige Budget von 38 Millionen Euro aufzubringen, schlossen sich erstmalig ein öffentlich-rechtlicher Sender (ARD) und ein Pay-TV-Anbieter (Sky) zusammen. Ein außergewöhnlicher Entstehungsprozess, der leicht in Missverständnissen und Kompetenzengeschacher hätte enden können – hier aber offensichtlich alle Beteiligten zu Höchstleistungen anspornte.

Set-Design, Kostümbild und Musik ergeben eine perfekte Einheit. Wir steigen mit den beiden jungen Helden – von Liv Lisa Fries und Volker Bruch mit beängstigender und beglückender Intensität verkörpert – in Opiumhöhlen hinab, schauen ihnen bei improvisiertem Tanz in Jazzkaschemmen zu, tauchen mit ihnen in queere Varietés ab. Und wir blicken mit ihnen auf die Bühne des Moka Efti, wo Sängerinnen und Tänzerinnen eine Mixtur aus Exotika, Jazz und – auch das! – aktuellem Pop aufführen. Das schwarz schimmernde Lied „Zu Asche, zu Staub“ wird man nach der Serie nicht wieder los: Es verbindet die Todessehnsucht jener Tage mit einer zeitlosen, aufwühlenden Popmelodie.

Die 16-teilige Serie ist opulenter Budenzauber und feinnerviges Zeitgeschichtsstück in einem. Unter den vielen Schauwerten tut sich eine kluge Analyse über die politischen und sozialen Kraftströme der Weimarer Republik auf, einer Gesellschaft im Zwischenzustand, in der die Gräuel des Ersten Weltkriegs noch nicht verarbeitet sind und sich die Bedrohung des aufziehenden Faschismus schon ankündigt.

„Babylon Berlin“ erzählt von einer Stadt im Ausnahmezustand – und ist doch selber in einer Art fernsehpolitischem Ausnahmezustand entstanden. Wenn sich die Sender ARD und Sky sowie die Produktionsfirmen X-Filme und Beta Film für eine Fortsetzung zusammenraufen, ist das nicht nur ein Glücksfall für die Fans der Serie, sondern auch für das deutsche Fernsehen insgesamt.

 
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