53. Grimme-Preis 2017

Wishlist (RB/MDR/FUNK)

Grimme-Preis an

Marcel Becker-Neu (Buch/Regie)

Marc Schießer (Buch/Regie)

Christina Ann Zalamea (Buch/Regie)

Produktion: Outside the Club

Erstausstrahlung: Ab Mi, 26.10.2016, wöchentlich im funk-Netzwerk und auf YouTube

Sendelänge: Circa 20 Minuten

Stab

Buch: Marcel Becker-Neu, Marc Schießer, Christina Ann Zalamea

Regie: Marc Schießer

Kamera: Tui Lohf, Daniel Ernst

Schnitt: Marc Schießer

Ton: Fatih Aydin

Darsteller: Vita Tepel, Nele Schepe, Yung Ngo, Michael Glantschnig, Marcel Becker-Neu, Charles Rettinghaus

Redaktion: Helge Haas, Marcel Heberlein, Lina Kokaly (Radio Bremen), Yvonne Abele (MDR)

Inhalt

Mira lebt in Wuppertal, ist 17 Jahre alt und wenn sie nicht gerade Bahnen im Schwimmbad zieht, von ihren Mitmenschen genervt: „Zumindest sind die Sachen, die ich so im Netz lese, deutlich interessanter als die Freaks in meiner Klasse“. Dass sie sich dennoch mit dem introvertierten Casper, der „Klassen-Bitch“ Janina, dem etwas seltsamen Dustin und dem „Checker“ Kim zu einer Clique zusammentut, hat mit der App Wishlist zu tun: Alle fünf haben sie auf Einladung einer unbekannten Nummer auf ihren Smartphones installiert. Wishlist erfüllt tatsächlich Wünsche! Man muss dafür „nur“ eine Aufgabe erfüllen und schon tritt das Erwünschte ein. Es beginnt harmlos: Mira wünscht sich einen rosa Elefanten. Sie soll bei einem fremden Haus den Müll vor die Tür stellen. Daheim wartet dann tatsächlich ein rosa Plüschtier. Schnell bekommen die Jugendlichen heraus, dass ihre Wünscherei unerwünschte Konsequenzen hat: Das Umstellen einer Tasche führt zur Entlassung einer netten Lehrerin; Casper, der den Machern der App auf der Spur ist, wird entführt. Offenbar sind düstere Mächte am Werk und im dramatischen Finale der ersten Staffel wird deutlich, dass auch unter den Fünf jemand ist, der zur Wunscherfüllung vor nichts zurückschreckt.

Begründung der Jury

Wish, wir wünschen uns eine Mystery-Serie für Jugendliche, die sowohl das Genre als auch die Zielgruppe ernst nimmt. Sie darf nicht in Berlin spielen, sollte nicht so teuer sein, muss aber toll aussehen. Deine Aufgabe wird berechnet. Deine Aufgabe ist nun berechnet: ARD und ZDF sollen ein Angebot für das junge Publikum ins Leben rufen und jungen Kreativen vertrauen, neue Formate zu realisieren.

Mit Bezug auf Wishlist kann man nur sagen: Aufgabe erfüllt, Wunsch erfüllt und hoffen, dass damit nun keine unangenehmen Nebenwirkungen für die Verantwortlichen verbunden sind…

Von Goethes Zauberlehrling bis hin zu Stephen Kings Needful Things ist die Geschichte, dass jeder Wunsch einen beizeiten sehr hohen Preis haben kann, schon häufig erzählt worden. Was die Jury überzeugt hat, ist der Zugriff von Marc Schießer, Marcel Becker-Neu, Christina Ann Zalamea und ihrem Team auf die altbekannte Story. Sie hauchen ihr neues Leben und jede Menge Zeitgeist ein. Weder Zauberspruch noch Buch oder Kramladen ist hier Hort der Wünsche, sondern sinnigerweise eine App und schon das Intro zeigt, was den Zuschauer erwartet: eine stimmungsvolle, atmosphärisch dichte Serie mit herausragendem Sounddesign. Sowohl Look als auch Sound kommen eher wie eine Fernsehserie denn als YouTube Angebot daher. Gleichwohl verstehen es die Macher, Rhythmus und Dramaturgie auf die webtypischen Lauflängen von 15 bis 20 Minuten optimal einzustellen.

Die Sprache, der beizeiten ruppige Ton in der Fünfer-Zweckgemeinschaft, die unauffällig auffälligen Gastauftritte von YouTube Stars wie Dagi Bee und der selbstverständliche Umgang mit dem Smartphone als „Quasi-Körperteil“  zeugen von dem guten Gespür, das das kreative Team für seine Zielgruppe hat. Das liegt zum Teil sicherlich daran, dass sie selbst noch dazugehören oder ihr geradeso entwachsen sind, aber eben auch an dem Gefühl für Timing und einem Schuss Selbstironie. So wird eine Authentizität der Figuren erlangt, die den Zuschauer (ob nun Zielgruppe oder nicht) mitfiebern lässt. Auch dem Genre nähern sich die Macher mit dem nötigen Ernst, ohne verkopft zu sein. Kamera und Elektrobeats sorgen dafür, dass ein unbestimmter Keller zur Schaltzentrale des Bösen mutiert und wenn eine Frau zu Jazzmusik ein Essen zubereitet, dann jedoch eine Ski-Maske aufsetzt und zum Messer greift, zeigt sich das Abgründige im Alltäglichen. 

Wishlist ist leidenschaftlich, spannend, hervorragend produziert und originell – davon wünscht sich die Jury definitiv mehr.

 
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