PreisträgerInnen
Hans-Ullrich Krause (Buch)
Cooky Ziesche (Buch)
Urs Egger (Regie)
Corinna Harfouch (Darstellung)
Inhalt
Katharina Bruckner (Corinna Harfouch) ist die erfahrene Kraft auf dem  Jugendamt. Eine leidgeprüfte Frau, die – obwohl sie es tagtäglich mit  dem Bodensatz der Gesellschaft zu tun bekommt – noch immer ihren Beruf  mit großer Leidenschaft ausübt. Zynismus ist ihr fremd, sie zeigt  gegenüber ihren Klienten viel Einfühlungsvermögen.
Einer ihrer  aktuellen Fälle ist ein verhaltensauffälliger Junge, der siebenjährige  Joe (Elon Baer), der extrem ausfallend werden kann und der vor  Selbstverletzung nicht zurückschreckt. Die äußerst geringe  Frustrationsschwelle der übernervösen, ängstlich wirkenden Mutter  (Christiane Paul) gibt Frau Bruckner zu denken. Aber liegt hier schon  ein Fall von Kindeswohl-Gefährdung vor? Die alleinerziehende Mutter,  eine angesehene, gut situierte Architektin, verbittet sich jede  Einflussnahme und nimmt sich gleich einen Anwalt. Instinktiv spürt die  Sozialpädagogin, dass Joes Mutter nach außen hin mühsam die Fassade  aufrechterhält, doch nach innen völlig überfordert ist. 
Gegen alle  Widerstände in ihrer Behörde und trotz persönlicher Anfeindungen lässt  Frau Bruckner nicht locker. Als der Junge nach einem Zwischenfall nicht  mehr zur Schule geht, interpretiert sie die Situation als  „Kinderschutzfall“ und kommt mit dem ganz großen Besteck: polizeiliche  Amtshilfe mit Inobhutnahme des Jungen. Die Folge: Bruckner wird der Fall  entzogen. Schlimmer noch: die Aktion wird mit ihrer eigenen Geschichte  psychologisch in Verbindung gebracht. Denn vor 15 Jahren hatte die  zweifache Mutter ihr jüngstes Kind verloren. 
Stabliste
Buch: Hans-Ullrich Krause, Cooky Ziesche
Regie: Urs Egger
Kamera: Jakub Bejnarowicz
Schnitt: Andrea Mertens
Musik: Ina Siefert, Nellis du Biel
Ton: Michael Eiler
Darsteller:  Corinna Harfouch, Christiane Paul, Maximilian von Pufendorf, Meike  Droste, Elon Baer, Ronald Kukulies, Claudia Eisinger, Bernhard Schütz,  Sanne Schnapp
Produktion: kineo Film, Zieglerfilm München
Redaktion: Claudia Simionescu (BR)
Erstausstrahlung: Mi., 24.09.2014, 20.15 Uhr, Das Erste
Sendelänge: 90min.
Begründung der Jury
„Manchmal darf man nicht zögern. Sonst sind wir im falschen Beruf“,  sagt Katharina Bruckner. Also handelt die Sozialpädagogin und schon ist  es „Der Fall Bruckner“. Ehrlich, differenziert und unsentimental erzählt  Regisseur Urs Egger die Geschichte einer engagierten Frau, die Kopf und  Kragen riskiert. Und sich mit einer erfolgreichen, alleinerziehenden  Architektin anlegt, die verdächtigt wird, ihren Sohn zu misshandeln. 
Was  Drehbuchautor Hans-Ullrich Krause gemeinsam mit Cooky Ziesche in diesem  Fernsehfilm alter Schule erzählt, ist harter Stoff – und Teil unserer  gesellschaftlichen Wirklichkeit. Krause weiß, wovon er schreibt, er ist  Pädagoge und Leiter des Kinderhauses Berlin-Mark Brandenburg. Daher  zeichnet sich „Der Fall Bruckner“ durch einen starken Realismus aus und  verzichtet auf jegliche Sozialromantik und Milieuvoyeurismus. Der Autor  widmet sich intensiv der Binnenstruktur und gibt einen nüchternen  Einblick in die Arbeitswelt eines Jugendamtes, ohne den dramaturgischen  Bogen zu vergessen. Wie viel Intuition und Fingerspitzengefühl man in  dem Job benötigt, wenn man nicht weiß, wie die Wahrheit aussieht, wenn  es nur Indizien gibt, zeigt der ambitionierte, nachdenklich stimmende,  eher stille, in unprätentiösen Bildern erzählte Film.
Doch „Der Fall  Bruckner“ ist kein Themenfilm, er ist das eindringliche Porträt einer  Frau, die täglich aufs Neue und oftmals ganz allein entscheiden muss, ob  einem Kind, das sich selbst nicht äußern kann, Gefahr droht oder nicht.  Corinna Harfouch spielt diese „Heldin“, die keine sein will, mit großer  emotionaler Kraft. Dabei nutzt sie die ganze Breite des  Gefühlsspektrums, von freundlich bestimmt über unterkühlt abweisend bis  zur völligen Verunsicherung. Diese Katharina Bruckner ist eine ruhige,  in den immer gleichen Wollmantel gehüllte Frau, die nach den kleinen  Ventilen sucht für die oft belastenden Fälle: Die Zigarette gibt ihr  Kraft, beim Glas Rotwein entspannt sie. Da stimmt jede Geste, jeder  Blick. Corinna Harfouch trägt den Film fast im Alleingang.
Am Ende  gibt es Hoffnung, denn Mutter und Sohn ziehen gemeinsam in ein  familienintegratives Projekt. Das mag ein wenig versöhnlich und süßlich  wirken, doch das passt zu diesem Film, der Mut machen will, genau hin zu  sehen. Hier spielt „Der Fall Bruckner“ durchaus mit einer Utopie, aber  auch die gehört zum fiktionalen Erzählen. Und das gezeigte Projekt gibt  es wirklich: im Kinderhaus Berlin - Mark Brandenburg e.V. von Dr.  Hans-Ullrich Krause.
