PreisträgerInnen
Heide Schwochow (Buch)
Rainer Schwochow (Buch)
Christian Schwochow (Regie)
Charly Hübner (Darstellung)
Lars Lange (Ausstattung)
Inhalt
„Privatreisen nach dem Ausland können ab sofort ohne Vorliegen von Voraussetzungen beantragt werden.“ Mit diesem Satz beginnt der wohl denkwürdigste Abend im Leben von Oberstleutnant Harald Schäfer (Charly Hübner). Er ist Leiter der Grenzübergangsstelle an der Bornholmer Straße in Ost-Berlin. Kurz nach der Pressekonferenz am 9. November 1989, auf der Günter Schabowski den legendäre Satz sagt, stehen auch schon die ersten Ost-Berliner vor der Grenze und fordern, in den Westen gelassen zu werden.
Ohne Befehl von oben weiß Schäfer aber nicht, wie er mit der Ausnahmesituation umgehen soll. Seine Kollegen (u.a. Milan Peschel, Rainer Bock, Max Hopp, Frederick Lau) sind noch kopfloser als er, und die Telefonate mit Oberst Kummer (Ulrich Matthes) lassen vermuten, dass der sich näher an einem Nervenzusammenbruch denn an einer sinnvollen Anweisung bewegt. Die Stunden verstreichen, und vor dem Grenzübergang sammelt sich eine immer ungeduldiger werdende Menschenmasse. Also bleibt es an Schäfer, an einem historischen Abend eine historische Entscheidung zu treffen.
Stabliste
Buch: Heide und Rainer Schwochow
Regie: Christian Schwochow
Kamera: Frank Lamm
Schnitt: Jens Klüber
Musik: Daniel Sus
Ton: Marc Meusinger
Darsteller: Charly Hübner, Milan Peschel, Ulrich Matthes, Rainer Bock, Ursula Werner
Produktion: UFA Fiction
Redaktion: Jana Brand (MDR), Stefanie Dörner (MDR), Christiane Strobl  (Degeto), Cooky Ziesche (rbb)
Erstausstrahlung: Mittwoch, 05.11.2014, 20.25 Uhr, Das Erste
Sendelänge: 88 min.
Begründung der Jury
Keine Klopause, Geschichte wird gemacht! Zum 25. Jahrestag des  Mauerfalls haben Regisseur Christian Schwochow und die Drehbuchautoren  Heide und Rainer Schwochow das Wunderwerk vollbracht, keinen  staatstragenden Film über eines der prägendsten Ereignisse in der  Geschichte Deutschlands zu machen – und doch wahrhaftig und berührend zu  erzählen. „Bornholmer Straße“ beginnt als Farce. Stellvertretend für  sein Land rumort es in den Gedärmen von Oberstleutnant Harald Schäfer.  Erleichterung erscheint greifbar nah, doch erst muss Schäfer in eine  neue Rolle hineinwachsen: Er muss eigenverantwortlich handeln und  entscheiden, was mit der Masse an Bürgern passieren soll, die sich vor  seinem Grenzübergang ansammelt, um einen Bummel nach Berlin (West) zu  machen. 
Sich als Zuschauer in einen DDR-Grenzer am Abend des  Mauerfalls hineinversetzen zu können und mit ihm diese bedeutsamen  Stunden auch noch gern zu durchleben - das ist keine kleine Aufgabe für  einen Schauspieler. Doch Charly Hübner meistert sie grandios. Er lässt  uns an der Herzensbildung Harald Schäfers teilhaben, als gäbe es nichts  Näherliegendes. Aber nicht nur für seine Figur haben die Filmemacher  gleichermaßen Witz wie Respekt übrig. Auf engstem Raum bringen sie ein  Ensemble zusammen, das die Absurdität der Situation genussvoll  auszureizen versteht und doch die Tragik, die für Einzelne mit der  historischen Zäsur des Mauerfalls verbunden ist, durchscheinen lässt. 
Als  sich Schäfer schließlich einen Ruck gibt und den Grenzübergang öffnet,  wagt es auch der Film, eine andere Richtung einzuschlagen. Die Szenen  auf der Bösebrücke, auf die von Ost wie von West die Menschen strömen,  sind unverstellt emotional. Sie bewegen ungleich mehr als in einem  konventionell erzählten Drama, weil der Film nicht mit dramaturgischem  Autopilot auf sie zusteuert und uns Zuschauern das Denken und Fühlen  abnimmt. „Bornholmer Straße“ gelingt es, Geschichte aufregend neu, aber  nicht – im Gegensatz zu so vielen aktuellen deutschen Fernsehfilmen -  revisionistisch zu erzählen. Und trotz des an eine Farce gemahnenden  Einstiegs wirkt der Film immer authentisch – Dank der überaus präzisen  und subtilen Ausstattung, die die unwirkliche Atmosphäre der Grenze,  ihrer Bewacher und der Bewachten zu keiner Minute vergessen macht.
„Das  war’s dann wohl mit der DDR“, sagt ein Kollege zu Harald Schäfer. Das  war’s dann hoffentlich mit klischierten Filmen über die DDR, sagt  „Bornholmer Straße“ zu uns.
