PreisträgerIn
Peter Göltenboth (Buch/Regie)
Anna Piltz (Buch/Regie)
Inhalt
Die letzten Tage des letzten gemeinsamen Sommers sind vorbei und  damit auch die gemeinsame Zeit. In selbstgedrehten, intimen Bildern  zeigt "10 Wochen Sommer" Eindrücke einer Mädchenfreundschaft, die sich  entwickelt und vergeht, bis allen nur noch der Blick zurück bleibt. Vier  Mädchen, die ungefähr sechzehn sind, als sie sich kennenlernen. Drei  Jahre lang sind sie unzertrennlich. Gemeinsam erleben sie Berlin bei Tag  und bei Nacht. Sie hängen in Parks ab, sonnen sich auf Hausdächern und  gehen in Klubs feiern. Sie lernen sich selbst kennen und finden die  eigenen Grenzen.
"10 Wochen Sommer" ist ein fiktionales,  dokumentarisches Projekt, das über den Zeitraum von vier Jahren  entstanden ist und in den ungefilterten Bilderwelten der Jugendlichen  die Atmosphäre einer Freundschaft einfängt. Im Sommer 2010 haben die  Regisseure Peter Göltenboth und Anna Piltz zehn kleine Kameras an  Berliner Jugendliche verteilt, die damit ohne klare Vorgabe anfingen  ihren Alltag zu filmen. Gleichzeitig konnten sie Tagebucheinträge posten  und so von ihren tagtäglichen Freuden und Sorgen erzählen. Nach vier  Jahren waren von ihnen noch Helene Bukowski, Jorinde Sturm, Tatjana  Schulte und Isabella Braband übrig geblieben, die das Projekt von Anfang  bis Ende mit gestaltet haben.
Stabliste
Buch/Regie: Peter Göltenboth, Anna Piltz
Schnitt: Steffen Bartneck
Sprecherin: Anna Hermann
Redaktion: Ingrid Gränz, Daniel Schössler (beide ZDF)
Produktion: pet&flo directors
Erstausstrahlung: 3sat, Dienstag, 07.10.2014, 22.55 Uhr
Sendelänge: 45 min.
Begründung der Jury
Schlampige Bilder, launige Gesprächsfetzen, angedeutete Exzesse, die  Dramaturgie lose. Selbst die „Wirklichkeit“ ist in diesem Dokumentarfilm  nur in Spuren nachzuweisen. Als Kondensat einer Lebensphase, fiktiv und  konstruiert, wie der Film am Ende verrät. Die insgesamt 45 Minuten sind  keine leichte Kost, soweit besteht Konsens bei der Auswahl von „10  Wochen Sommer“ als Preisträger.
Der nicht zu unterschätzende Rest  polarisiert und erhitzt die Gemüter – auf höchst produktive Weise. „10  Wochen Sommer“ ist kein Dokumentarfilm, der durch Beobachtung, Reflexion  oder Durchdringung seiner Protagonisten brillieren will. Der Film ist  ein Sog. Das Dokument eines Gefühls, die Komposition eines Zeitgeists,  einer Wirklichkeit, die untrennbar mit Jugend und Jugendkultur verknüpft  ist und sich schon allein deswegen konventionellen Erzählformen  verweigern muss.
Dass dies gelingt, verdankt er einem zu hundert  Prozent sicheren Gespür für Musik, Rhythmus und Atmosphäre.  Material  aus über 1500 Filmclips – ohne Vorgaben von den Protagonistinnen über 3  Jahre gedreht – wurden in der Montage gebändigt. Eine fiktionale  Erzählerin führt, basierend auf den Tagebucheintragungen der vier jungen  Frauen, den Zuschauer durch die Höhen und Tiefen des jugendlichen  Leichtsinns. Zwischen Einsamkeit in der Großstadt, Grenzüberschreitungen  und Drogenexzessen, den magischen Nächten im Rausch und spielerischen  Nachmittagen im Park wächst und zerbricht Freundschaft. Der Zuschauer  begleitet die vier am Ende ihrer Schulzeit und irgendwie liegt dabei  etwas Besonderes in der Luft.
Das auf den ersten Blick flüchtige  Portrait einer Mädchenclique offenbart sich mehr und mehr als komplex  gebaute dokumentarische Verdichtung.  Alltagsbilder, so schlicht  wie  scheinbar echt, verlieren in der fiktionalen Konstruktion ihre Unschuld:  Was heißt hier Authentizität? Wer spricht? Ein Dokument – wovon? Der  Ambivalenz zwischen erklärter Inszenierung und gefühlter Evidenz muss  sich der Zuschauer stellen. Nicht die schlechteste Einladung, die ein  Dokumentarfilm aussprechen kann.
„10 Wochen Sommer“ macht Hoffnung.  Nicht nur weil eine Redaktion den Mut unter Beweis stellt, mit der Reihe  „Ab 18!“ ein längst verloren geglaubtes Publikum anzusprechen und  sprechen zu lassen. Sondern viel mehr noch, wie sie das tut: ohne  jugendliches Gehabe, ästhetisches Anbiedern oder pädagogischen  Zeigefinger. So könnte ein Fernsehen für junge Erwachsene aussehen. Das  ist ganz und gar ausgezeichnet.
