50. Grimme-Preis 2014

Circus HalliGalli (ProSieben)

PreisträgerInnen

Joko Winterscheidt;(Konzeption/Moderation)

Klaas Heufer-Umlauf;(Konzeption/Moderation)

Produktion: Florida TV, Endemol Deutschland GmbH

Erstausstrahlung: ab Montag, 25.02.2013, 22.15 Uhr, Pro7

Sendelänge: je 45 Min.


Inhalt

Einmal pro Woche öffnet sich die Manege des Circus HalliGalli. Die Gastgeber: Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf. In Ihrer Show wird gesungen, getanzt und gelästert – damit basiert das Konzept der Sendung im Wesentlichen auf den Vorgängersendungen „MTVhome“ (MTV) und „neoParadise“ (ZDFneo/ZDF). Nachdem Joko und Klaas mit einem Monolog die Show eröffnen, zeigen sie verschiedene Einspieler und führen Gespräche mit ihren Gästen. Auch musikalische Acts treten in der Sendung auf. Zu den regelmäßigen Show-Elementen gehört unter anderem der Umstand, dass die jeweilige Band der Show in einer Telefonzelle Werbepausen einleitet oder bestimmte Situationen auf der Bühne überbrückt. Mit Beginn der Show läuft ein Countdown, der einen Überraschungsmoment in der Sendung ankündigt. Kurzzeitig gaben Joko und Klaas den Zuschauerinnen und Zuschauern auch eine Hausaufgabe auf, die bist zur nächsten Sendung erledigt werden musste. Die Videobeweise wurden online vorgestellt. Im Mittelpunkt der Sendung steht der Spaß: Da wählen sich beide schon mal durch das Telefonbuch von Friseur Udo Walz und geben sich für ihn aus. Sie rangeln mit wildfremden Personen in der Öffentlichkeit oder stellen frühmorgens betrunkenen Partygängern politische Fragen. Und in der Rubrik „Wenn ich Du wäre“ müssen sie genau das machen, was der andere Ihnen sagt. Einen Preis hat die Sendung übrigens auch schon verliehen: An Borussia Dortmunds Kevin Großkreutz für die schlechteste schauspielerische Leistung in einem Werbespot.

Stab

Produktion: Florida TV, Endemol

Federführender Sender: ProSieben

Buch: Thomas Schmitt, u.a.

Idee: Florida TV

Regie: Christian Grund

Kamera: diverse

Ton: diverse

Schnitt: diverse

Moderation: Joko Winterscheidt, Klaas Heufer-Umlauf

Redaktion: Hannes Hiller, Benedikt Nordmann, Thomas Martiens

Jurybegründung

Ihr Markenzeichen ist die Grenzüberschreitung: Joachim Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf, den meisten Zuschauern schlicht als „Joko & Klaas“ bekannt, sind das Duo infernale des deutschen Fernsehens. Vor ihnen ist nichts sicher; nicht mal die ProSieben-Nachrichten. Die beiden als Hoffnungsträger der hiesigen TV-Unterhaltung zu bezeichnen, käme einer Verkennung der Realität gleich: Sie sind die Unterhaltung, denn zumindest im Programm der großen Sender ist weit und breit niemand in Sicht, der ihnen das Wasser reichen könnte. Gleichzeitig ist ihre Karriere der Beweis dafür, dass man sich bei entsprechender Originalität und Hartnäckigkeit aus dem Spartendasein ins Rampenlicht arbeiten kann: Auf die ersten Gehversuche mit „MTV Home“ (ab 2009) folgte 2011 „Neo Paradise“ (ZDFneo) und schließlich der Wechsel zu ProSieben.

„Circus HalliGalli“ greift verschiedene Elemente der Vorläufer auf, konzentriert sich aber nicht mehr ausschließlich auf die Hassliebe zwischen den beiden Protagonisten. Beschränkten sich die früheren Formate ebenso wie „Joko gegen Klaas - Das Duell um die Welt“ darauf, dass sich das Duo gegenseitig in die Pfanne haute, überlassen Winterscheidt und Heufer-Umlauf die Bühne mittlerweile immer öfter auch anderen. Diese Strategie verhindert nicht nur die ansonsten unvermeidlichen Abnutzungserscheinungen; sie verhilft dem Format auch zu einer Unberechenbarkeit, die einen großen Reiz der Show ausmacht: Oft wissen die beiden Moderatoren selbst nicht, was die Redaktion ausgeheckt hat. „Circus HalliGalli“ ist daher die witzigste Wundertüte der deutschen Fernsehunterhaltung: weil es Winterscheidt und Heufer-Umlauf immer wieder gelingt, das Publikum und offenbar auch sich selbst zu verblüffen.

Sollten sie wider Erwarten in den Schabernack eingeweiht sein, mit denen sie der jeweils andere überrascht, müsste man ihnen über die sonstigen Fähigkeiten hinaus auch noch ein bemerkenswertes schauspielerisches Talent attestieren.

Dass es hin und wieder zu Kollateralschäden kommt, weil die beiden mitunter nicht nur die Grenzen des guten Geschmacks überschreiten, ist Teil des Konzepts; wenn eine ihrer Sabotageaktionen die „ProSieben Newstime“ trifft, ist auch schon mal eine Entschuldigung fällig. Diese Konsequenz, die weder vor den heiligen Kühen des Fernsehens und erst recht nicht vor der eigenen physischen und psychischen Belastbarkeit Halt macht, ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Joko und Klaas sind die letzten Anarchisten im deutschen Fernsehen; schon allein das ist preiswürdig.

 
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