PreisträgerInnen
Dominik Graf
Christoph Hochhäusler
Christian Petzold
für die Idee, Konzeption und Umsetzung des Formats
Dreileben (ARD/BR/Degeto/WDR)
Produktion: Schramm Film Koerner & Weber, Burkert Bareiss Development/tv60film, Heimatfilm
Inhalt
Der verurteilte Sexualstraftäter Frank Molesch ist auf der Flucht: In dem sonst sehr verschlafenen Ort Dreileben herrscht plötzlich wilde Aufruhr. Die Großfahndung nach dem Triebtäter läuft auf Hochtouren, doch seine Spur verläuft sich in einem undurchsichtigen Waldgebiet. „Etwas Besseres als den Tod“, „Komm mir nicht nach“ und „Eine Minute Dunkel“ sind drei Geschichten, die sich in der aufwändigen Suche nach dem Entflohenen, erzählerisch überschneiden.
Stab
Dreileben – Eine Minute Dunkel (ARD/WDR)
Produktion: Heimatfilm
Federführender Sender: WDR
Regie: Christoph Hochhäusler
Buch: Christoph Hochhäusler, Peer Klehmet
Kamera: Reinhold Vorschneider
Schnitt: Stefan Stabenow
Ton: Michael Busch
Musik: Bert Wrede
Darstellung: Stefan Kurt, Eberhard Kirchberg, Timo Jacobs, Imogen Kogge, Joan Pascu, Luna Mijovic
Redaktion: Gebhard Henke, Frank Tönsmann
Erstausstrahlung: Das Erste, Montag, 29.08.11, 23.30 Uhr
Sendelänge: 90 Min.
Dreileben – Etwas Besseres als den Tod (ARD/BR)
Produktion: Schramm Film Koerner & Weber im Auftrag des Bayerischen Rundfunks
Federführender Sender: BR
Buch/Regie: Christian Petzold
Kamera: Hans Fromm
Ton: Andreas Mücke-Niesytka
Musik: Stefan Will
Darstellung: Jacob Matschenz, Luna Mijovic, Vijessna Ferkic, Rainer Bock, Stefan Kurt, Konstantin Frolov, u.a.
Redaktion: Bettina Reitz (BR),
Erstausstrahlung: Das Erste, Montag, 29.08.11, 20.15 Uhr
Sendelänge: 86‘55‘‘
Dreileben - Komm mir nicht nach (ARD/Degeto)
Produktion: Burkert Bareiss Development/tv60film (Produzenten: Gloria Burkert, Andreas Bareiss, Sven Burgemeister) im Auftrag der ARD Degeto
Federführender Sender: ARD
Buch: Markus Busch, Dominik Graf
Regie: Dominik Graf
Kamera: Michael Wiesweg und Hendrik A. Kley
Schnitt: Claudia Wolscht
Komposition: Sven Rossenbach, Florian van Volxem
Ton: Gunnar Voigt
Musik: Sven Rossenbach und Florian van Volxem
Darstellung: Jeanette Hain, Susanne Wolff, Mišel Mati?evi?, Lisa Kreuzer, Rüdiger Vogler, Frank Kessler, Stefan Kurt
Redaktion: Jörn Klamroth (ARD Degeto)
Erstausstrahlung: Das Erste, Montag, 29.08.11, 21.45 Uhr
Sendelänge: 90 Min.
Jurybegründung
Ein verurteilter Sexualverbrecher –Molesch -- ist ausgebrochen und streift durch den Wald. Das ist der Stoff, der die Teile der Filmtrilogie „Dreileben“ verbindet. Nicht mehr als ein Fetzen oder Brocken. Keine hinter den drei Filmen als rund und komplett vorauszusetzende Geschichte, die von den Regisseuren Christian Petzold, Dominik Graf und Christoph Hochhäusler bloß in drei Varianten nacherzählt würde.
Dreileben: das ist ein erfundenes Städtchen mitten in Deutschland, vom Wald eingeschlossen, im Thüringer Wintersportgebiet. Die Filme spielen im Sommer, einem unspektakulären, frei von Politik oder Weltsportereignissen, so dass vermischte Nachrichten die Menschen in Atem halten.
Wilhelm Raabe erzählt in seinem Roman „Horacker“ davon, wie ein Dorf durch die Nachricht, der Insasse einer Fürsorgeanstalt sei entlaufen, in Angst und Schrecken versetzt wird. Der Sittlichkeitsverbrecher dort: ein Produkt der kollektiven Phantasie. Auch Petzold, Graf und Hochhäusler demonstrieren die Produktivität des Gerüchts. Die Sage von Molesch bringt Geschichten hervor. Wie der sozialkritische Romancier spielen die Filmemacher aber auch mit idyllischen Szenen einer unerschütterlichen bürgerlichen Welt. Dieses Nebeneinander ist erst recht unheimlich.
In Petzolds „Etwas Besseres als den Tod“ sind die Polizeisirenen das Hintergrundgeräusch für die tragische Geschichte zweier junger Verliebter. Petzold zeigt ein Krankenhaus als Institution, die funktioniert, indem sie sich von Störungen nicht irritieren lässt. Die Hauptfigur von Grafs „Komm mir nicht nach“ ist die Polizeipsychologin, die herbeigeholt wird, um ein Profil von Molesch zu erstellen, und sich unversehens in einen Rohmer-Film versetzt findet. Durch das Palaver zieht sich, wie erst am Ende offenbar wird, der Faden einer Intrige. „Eine Minute Dunkel“ von Hochhäusler wiederum ist aus der Perspektive des flüchtigen Molesch erzählt, der seine Geschichte nicht erzählen kann, denn wer würde ihm glauben?: eine stumme Paraderolle für Stefan Kurt.
Die Idee zu „Dreileben“ entstand aus einem Briefwechsel, in dem Graf, Petzold und Hochhäusler über den Purismus des Autorenkinos und das schmutzige Erzählen im Genrefilm debattierten. Ihr Gemeinschaftswerk harmonisiert die Perspektiven nicht, ihre drei Geschichten berühren sich nur punktuell. Gerade deshalb war die ARD-Programmentscheidung wichtig und richtig, die Trilogie auch an einem Abend zu zeigen. Das Ensemble der Leistungen machte den 29. August 2011 zu einem besonderen Tag für das deutsche Fernsehen.