Eberhard-Fechner-Förderstipendium der VG Bild-Kunst wird vergeben an
Astrid Schult (Buch/Regie)
Stab
Produktion: Filmakademie Baden-Württemberg, Martin Bromber, Oliver Dressnandt
Buch/Regie: Astrid Schult
Kamera: Sebastian Bäumler
Schnitt: Robert Wellié
Ton: Robert Carstens, Florian Hoffmann, Martin Andersson
Musik: Christopher Bremus, Steven Schwalbe, Tobias Wagner
Redaktion: Burkhardt Althoff
Erstausstrahlung: Montag, 14.12.2009, 0.35 h
Sendelänge: 70 Min.
Inhalt
„Das hat der Krieg also aus uns gemacht!“ heißt es oft im „Fisher House“ in Landstuhl, aber auch: „Das ist nun mal unser Job!“ Das „Fisher House“ ist eine Unterkunft für kriegsversehrte US-Soldaten und ihre Angehörigen, daneben das größte US-Militärkrankenhaus außerhalb der Vereinigten Staaten.
Wer hier versorgt wird, hat Tod und Zerstörung gesehen und wurde selbst zum Opfer von Unfällen und Anschlägen. Joseph Mikula hat sein eigenes Bild von Afghanistan im Kopf, verrät er mit leiser Stimme, aber das gehöre nur ihm allein. Bei einer Explosion wurde er verwundet, hofft aber bald wieder einsatzbereit zu sein. Seine Frau äußert Angst, Wut und Zweifel, doch auch ihr Sohn will zum Militär. Ryan Ferre hatte einen Genickbruch, seine Aufgabe sei jetzt der Kampf um seine Gesundheit, sagt er. Bridget Jacksons Mann hat seinen Einsatz noch vor sich. Ihr Glaube bestärkt beide, dass alles gut gehen wird. Eine andere Frau hat ihr Gottvertrauen längst verloren. Ein solcher Einsatz treffe immer die ganze Familie, sagt sie. Im „Fisher House“ versammeln sich Schicksale von Menschen, die eines verbindet: Sie sind Kriegsopfer auf die eine oder andere Weise – auch Bridget König, die im Management des „Fisher House“ arbeitet und die das Leid der Menschen auch nach Dienstschluss nicht loslässt. Unermüdlich will sie allen helfen, so gut es nur geht. „Was du der Welt gibst“, sagt sie, „bekommst du zurück…“
Begründung der Sonderjury
Wenn amerikanische Soldaten aus dem Irak, Kuwait oder Afghanistan verletzt zurückkommen, dann werden sie im US-Militärhospital in Landstuhl medizinisch versorgt. Zwischen den Behandlungen können sie und ihre Angehörigen im „Fisher House“ wohnen.
„Das Armeeleben ist schwer“, erklärt die deutsche Ehefrau von Joe, der in Afghanistan am Kopf schwer getroffen wurde, „die gehen weg und kommen zurück und sind irgendwie verletzt – körperlich und geistig“. Sie ärgert sich darüber, dass er nun als „für nix mehr tauglich“ gilt und alles, was an ihm liebenswert war -- sein Lächeln, sein Witz, seine Lebensfreude -- verschwunden sind. Joe nimmt starke Schmerzmittel. Das Bild, das er von Afghanistan mitgebracht hat, seine Entscheidungen über Leben und Tod, sind Dinge „die ich nie vergessen werde“.
Andy lebt immer nur von einer bis zur nächsten Behandlung bei den Ärzten, er ist häufiger im Fisher House. In Kuwait passierte es, Genickbruch. Wie soll es weitergehen? Der Krieg hat ihm etwas weggenommen von seinem Leben, ihm „etwas vorenthalten“.
Doch der Krieg verändert auch das ganze soziale Umfeld. Timothy geht erst in den Irak, und seine Frau hofft inständig, dass er „unverändert“ zurückkommen möge. Doch ihre Freundin macht ihr keine Hoffnung, der Krieg hat “mir meinen Mann genommen“, er ist nicht mehr der, der er war.
Die Schicksale berühren auch, immer wieder neu, Bridget, die Assistentin von Kathy Gregory im Fisher House. Sie leidet mit ihren Gästen, nimmt viele Soldaten mit sich nach Haus, will ihnen ein Stück Familie sein.
In ruhigen Bildern erfahren wir von den Veränderungen, die der Krieg in den Menschen auslöst, von ihren Sorgen und Hoffnungen, aber auch ihrem Schweigen über das, was sie erleben mussten. Astrid Schuldt gelingt es, nahe an sie heranzukommen, von ihren Zerrissenheiten und quälenden Fragen zu erfahren. Ihr Film – Abschlussarbeit ihres Studiums an der Filmakademie Baden-Württemberg und in der Reihe „Das kleine Fernsehspiel“ gelaufen -- macht nachdenklich, weil er nichts beschönigt, sondern weil er eher mit zurückhaltender Neugierde schonungslos aufdeckt. Man spürt ihre sehr persönliche Handschrift und ihre Fähigkeiten, die Menschen sprechen und die Kamera erzählen zu lassen.
Wenn die Soldaten aus den Kampf- und Kriegsländern ankommen – mit allen medizintechnischen Finessen versorgt, verkabelt, verbunden, künstlich beamtet, auf der Bahre liegend --, und wenn sie dann zur Begrüßung stereotyp den Spruch „Willkommen in Landstuhl / Danke für ihren Dienst / Gott segne Sie“ hören, dann ist dies der Beginn einer neuen Herausforderung für ihr Leben. Und eben: ihr innerer Krieg.