42. Grimme-Preis 2006

Claire Doutriaux (ARTE)

Adolf-Grimme-Preis an

Claire Doutriaux

für Idee, Gestaltung und Realisation des Kulturmagazins "Karambolage" (ARTE)

Begründung der Jury

ARTE versteht sich als das "Fernsehen ohne Grenzen"; die pan-europäische Perspektive ist hier Programm. Ein kleines, höchst subversiv agierendes Magazin für Alltagskultur hält jeden Sonntag frech dagegen: In "Karambolage" (= Zusammenstoß) berichten allerlei deutsch-französische Grenzgänger - Auslandskorrespondenten, Landeskundler, Übersetzer - augenzwinkernd über die vielen kleinen und großen Unterschiede zwischen den beiden Kulturen.

Die deutschen Eigenarten und französischen Marotten werden mit ethnologischem Kennerblick aufgegriffen und dem staunenden Nachbarn liebevoll nahe gebracht. Wer hätte gedacht, dass die Franzosen den deutschen Eierpieker nicht kennen? Oder dass die Franzosen bei ihrem Taschenmesser den Rost an der Klinge am meisten lieben? Dass man den Ehering links vom Rhein links und rechts vom Rhein rechts trägt - und niemand erklären kann, warum das so ist? Mit der Perspektive des Fremden wirft "Karambolage" einen neugierigen Blick auf die vertrautesten Ritualhandlungen. Dem deutschen "Abendbrot" auf einem ramponierten "Brettchen" wird genauso die Ehre erwiesen wie dem französischen Aperitif aus Leitungswasser und Anis-Schnaps. Gerade weil sich die deutsche "Gemütlichkeit" und das französische "Savoir vivre" hier nicht zu einem europäischen Lebensgefühl zusammenraufen müssen, wirkt "Karambolage" im Sinne des ARTE-Sendungsbewusstseins so integrativ.

In den knappen zwölf Minuten des rubrizierten Mini-Magazins bedienen sich "Karambolage"-Redakteurin Claire Doutriaux und ihr Team zahlreicher Stilmittel. Nicht immer ist die Vermittlung im engeren Sinne so visuell wie im Bilderrätsel. Wo es passt, wird auch schon mal ein Erklärstück trickanimiert oder etwas ganz Kleines ganz theatral inszeniert. Und doch ist "Karambolage" mit seiner journalistischen Genauigkeit, der amibitonierten Ästhetik und dem Alltag als Hauptgegenstand so nur im Verbundmedium Fernsehen denkbar. Und darin wiederum nur dort, wo das Fernsehen programmatisch keine Grenzen kennt - im Kulturkanal ARTE.

 
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