41. Grimme-Preis 2005

Stefan Raab

Entdeckung und Förderung von Musiktalenten durch "SSDSGPS - Ein Lied für Istanbul" (ProSieben)

Preisträger: Stefan Raab 

Preis: Adolf-Grimme-Preis

Sendeanstalt(en): ProSieben

Begründung der Jury

Wer ist Stefan Raab? Stefan Raab ist mehr als ein Moderator, der im Privatfernsehen den Clown, ja, manchmal auch den verbalen Hooligan gibt. Dass er zu anderem in der Lage ist, hat er im Frühjahr 2004 mit seinem bei ProSieben ausgestrahlten TV-Gesangswettbewerb "SSDSGPS - Ein Lied für Istanbul" bewiesen. Die Popmusik ist das angestammte Feld des früheren VIVA-Moderators, und immer dann, wenn er hier agiert, erweist er sich als überdurchschnittlich gut und außerordentlich kreativ. In seiner Reihe "Ein Lied für Istanbul" ist es ihm als Einzigem in Deutschland gelungen, dem Genre der Castingshow wirkliche Qualitäten abzugewinnen, ja, diesem Sendetypus regelrecht Wiedergutmachung angedeihen zu lassen. "SSDSGPS" kann dabei als Gegenmodell gesehen werden zu gelackten Megaveranstaltungen, wo mit bigottem Ernst suggeriert wird, echte "Superstars" zu kreieren, tatsächlich aber synthetische Sangesmarionetten installiert werden, zum schnellstmöglichen kommerziellen Gebrauch, mit Nachhaltigkeitsfaktor Null - es sei denn, sie existieren in einer Witzfigurenfunktion für die Klatschpresse weiter.

Ganz anders bei Stefan Raab. Hier steht tatsächlich das musikalische Handwerk im Mittelpunkt, wobei Raab sein Talent als Komponist auf konstruktive Weise in den Dienst seiner Kandidaten stellt, während etwa bei "Deutschland sucht den Superstar" bei der Beurteilung der vermeintlichen Talente das Prinzip der Destruktion vorherrschte: Eitle Juroren labten sich an ihren präpotenten Strafreden. Dies konterkariert Raab schlicht und einfach, indem er die Kandidaten ernst nimmt, mit ihnen arbeitet, individuell und mit Respekt auf das jeweilige Profil, die Stimme des Sängers oder der Sängerin eingeht und sich selbst dabei zurückstellt. Dem entspricht die äußere Form der Show mit zurückgenommener Bildästhetik - fast ein wenig an den legendären "Musikladen" der 70er Jahre erinnernd -, so dass auch hier die Popmusik sowie die Teilnehmer in ihrer eigenen Präsenz und Ausstrahlung nicht an den Rand gedrängt werden. (Später gewann Raabs Sieger Max Mutzke - das Monopol eines Ralph Siegel brechend - sogar den nationalen Vorentscheid des "Eurovision Song Contest" und vertrat Deutschland tatsächlich beim Finale in Istanbul.) Die schönste Überraschung am Raabschen TV-Wettbewerb ist schließlich, dass der Gastgeber, der das Genre ernst nimmt, gleichzeitig die wunderbare Leichtigkeit des Humors in seine Castingshow einbringt. Dadurch hat sie nichts, aber auch gar nichts von der Verbissenheit, die solchen Wettbewerben in Deutschland in der Regel anlastet.

Allein schon der aberwitzige Titel "Stefan sucht den Super Grand Prix Star", abgekürzt - und die Buchstabenfolge (jeder wird's selbst feststellen) ist in dieser Kombination schwer auszusprechen - SSDSGPS, konterkariert selbstironisch jedweden staatstragend-offiziösen Anstrich à la "Deutschland sucht..." Man könnte dies subversiv nennen. Bei Stefan Raabs Wettbewerb herrscht Spaß vor, der nicht herrschsüchtig ist, es geht charmant-chaotisch zu, mit Lust und Laune wird das Kind im Menschen offenbar, man wird höchst vergnügsam unterhalten, ohne dabei ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Und dabei kommt unterm Strich gute Popmusik heraus. Das ist einfach sympathisch, das ist junges, frisches Fernsehen auf der Höhe der Zeit, das ist in der immer stromlinienförmigeren TV-Landschaft wahrlich eine Leistung, das ist Stefan Raab. Der mit dem Fernsehen spielt, als Entdecker und Förderer von Musiktalenten. Das ist die unterschätzte, aber so schätzenswerte Seite des Stefan Raab. Für diesen ganz speziellen Kern seiner Fernseharbeit und seines Musikschaffens hat er nach Meinung der Jury den Adolf-Grimme-Preis verdient.

 
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