40. Grimme-Preis 2004

Reporter vermisst (SWR/ARTE)

Adolf-Grimme-Preis an:
Johann Feindt (Buch/Regie/Kamera)

Redaktion: Martina Zöllner (SWR), Anne Baumann (ARTE)
Produktion: zero-film, Thomas Kufus
Buch/Regie: Johann Feindt
Kamera: Thomas Keller, Johann Feindt
Sendelänge: 59 Min.
Erstausstrahlung: Freitag, 23.05.2003, 22.15 h (ARTE)

Inhalt

"Er suchte den Menschen, den Menschen, wie er wirklich ist". Im April 1970 macht sich der französische Fotograf Gilles Caron auf, um den Krieg in Kambodscha aus direkter Nähe zu fotografieren. Sein Ziel ist das Landesinnere. Gilles Caron, einer der erfahrensten Kriegsreporter seiner Zeit, wird von dieser Unternehmung nie mehr zurückkehren. 34 Jahre nach Carons Verschwinden, begibt sich Johann Feindt auf die Suche. Er spricht mit Weggefährten wie Raymond Depardon einem Fotografenkollegen Carons, der Journalistin Kate Webb sowie der Witwe Marianne Caron. Die Gesprächspartner reflektieren Carons Motivation, sich als Kriegsfotograf immer wieder einem hohen Risiko auszusetzen.

Im Kambodscha der Gegenwart scheint es zunächst, als erinnere sich niemand an den französischen Fotografen. Aber an einer Straßensperre auf der Route National 1 soll es eine Schießerei gegeben haben. Auf jener Straße war auch Gill Caron unterwegs. Möglicherweise wurde Caron entführt.

Johann Feindt zeichnet persönliche Erlebnisse und Eindrücke von und mit Gilles Caron nach. Er spricht mit dem französischen Fotografen Brice Fleutiaux, der mehrere Monate in Geiselhaft war. Im Laufe der Dreharbeiten begeht Fleutiaux Selbstmord. Johann Feindts Film ist keine Chronologie und gibt keine einfachen Antworten auf die Frage, ob Menschen tun dürfen, was sie können.

Begründung der Jury

Ein Fotograf ist verschwunden. Von Pnom Penh aus hatte sich der französische Kriegsreporter Gilles Caron ins Landesinnere von Kambodscha aufgemacht und kam nicht mehr zurück. Das war im April 1970.

Mehr als dreißig Jahre später macht sich Johann Feindt, selbst mit der Filmkamera in Kriegen unterwegs, auf die Suche. In seinem Film "Reporter vermisst" versucht er, das Schicksal dieses erfahrenen und bekannten Fotojournalisten aufzuklären. Er spricht mit Freunden, Kollegen und Familienangehörigen von Gilles Caron, nicht nur über den Fotografen, sondern auch über diesen eigenartigen, gefährlichen und unerlässlichen Beruf. Der Autor kreist sein Thema ein, präzisiert und formuliert eigene Überlegungen. In einer komplexen Montage fügt er Gespräche, Beobachtungen und dokumentarisches Material in einer Weise zusammen, die der Vielschichtigkeit seines Stoffes gerecht wird.

Sein Film zeigt auch: es gibt auf die Frage, was die Faszination, den Schrecken und den Sinn dieses Berufs ausmacht, keine einfachen und schon gar keine sportiven Antworten. Der Autor findet keine Helden, sondern vom Krieg und seiner Wahrnehmung geprägte Menschen. Einige von ihnen zerbrechen an ihren Erfahrungen, so wie dreißig Jahre nach Gilles Caron der Fotograf Brice Fleutiaux, der Gefangenschaft und Geiselhaft im Tschetschenienkrieg nicht mehr verarbeiten konnte. Besonders eindringlich, weil auf gleicher Augenhöhe und in gemeinsamem Interesse geführt, gelingen Johann Feindt die Gespräche mit den Menschen, auf die er bei seiner Recherche trifft: eine nachdenkliche, intensive und auf Wahrhaftigkeit beruhende Begegnung, wie sie im Fernsehen nicht oft zustande kommt.

 
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