40. Grimme-Preis 2004

Das Wunder von Lengede (2tlg.) (Sat.1)

Adolf-Grimme-Preis an:
Kaspar Heidelbach (Regie)
Jan Josef Liefers und
Heino Ferch (stellv. für das Darstellerteam)
Michael Souvignier (Produktion)

Redaktion: Tim Gehrke, Jan Kromschröder
Produktion: Zeitsprung Film + TV Produktions GmbH,Michael Souvignier, Sam Davis
Buch: Benedikt Röskau
Regie: Kaspar Heidelbach
Kamera: Daniel Koppelkamm
Darsteller: Nadja Uhl, Heino Ferch , Jan Josef Liefers, Heike Makatsch u.a.
Sendelänge: 93 Min. / 92 Min.
Erstausstrahlung: 09.+10.11.2003, jeweils 20.15 h

Inhalt

Ein Klärteich bricht ein, eine halbe Million Kubikmeter Wasser überfluten in Minutenschnelle die Erzgrube. Panik bricht aus, die Bergleute kämpfen um ihr Leben, viele ertrinken oder werden von einstürzenden Balken und herabfallenden Felsbrocken erschlagen.Franz und Bruno können sich mit weiteren 19 Kumpeln in einen stillgelegten Stollen retten, der etwas höher liegt - dem so genannten "Alten Mann". Noch brennen ihre Lampen, noch wissen ihre Frauen Helga und Renate nichts von dem Unglück. Dann eilen sie zu den anderen Frauen vor die Werktore. Bange Stunden verzweifelten Hoffens beginnen. In der größten und spektakulärsten Rettungsaktion in der Geschichte des Bergbaus wird fieberhaft nach Überlebenden gesucht. Die Angehörigen warten verzweifelt auf neue Nachrichten. Nach und nach werden immer wieder Bergleute gerettet - aber Franz und Bruno sind nicht dabei.Für die unter Tage ausharrenden Bergleute verstärken Hunger und Durst das Gefühl von Ohnmacht und es gibt noch eine größere Bedrohung: Nachts "geht der Berg", Gesteinsbrocken lösen sich, krachen herunter - sechs der 21 Bergleute werden im Schlaf erschlagen. Drei Männer ertrinken im immer noch steigenden Wasser. Bruno hat es ebenfalls erwischt: Sein Bein wurde von einem Balken zertrümmert, es geht ihm zusehends schlechter, sein Lebenswille erlischt.Aber "Das Wunder von Lengede" ist kein Katastrophenfilm, sondern ein Film über die Rettung und die Menschen, die sie ins Werk setzen.

Begründung der Jury

Als 1963 über der Eisenerzgrube "Mathilde" ein Klärteich bricht und das kilometerlange Stollengeflecht überflutet, werden binnen Minuten 129 Bergleute von den Wassermassen eingeschlossen. 19 Männer sind sofort tot, in den ersten Stunden retten sich 79 Kumpel über die Wetterschächte. An zwei Stellen im Schachtgebiet vermuten Experten noch Überlebende: in einer Luftblase am Stollen-Ende, und im so genannten "Alten Mann". So nennen die Bergleute einen stillgelegten Stollen, der langsam in sich zusammen fällt.Tatsächlich wurden in Lengede fast zwei Wochen nach dem Unglückstag noch 11 Kumpel aus dem "Alten Mann" gerettet. Ein Bergmann starb kurz vor der erfolgreichen Bergung. In vielen tragischen wie glücklichen Details der Rettung konnte sich das Drehbuch von Benedikt Röskau also eng an die historischen Fakten halten. Trotzdem kann es nicht leicht gewesen sein, den historischen Ablauf in ein aufwühlendes TV-Drama zu übersetzen: Das historische "Wunder von Lengede" ist trotz aller Dramatik kein wirklich filmischer Stoff. Unter Tage regte sich nicht viel. In absoluter Dunkelheit hungerten und froren die Kumpel bei plus 7 Grad plus still und stumm ihrem sicheren Tod entgegen. Und oben auf "Schacht Mathilde" kämpften die Bohrspezialisten mit Rechenmaschine und Zirkel gegen die Tücke der Statik.Drehbuchautor Benedikt Röskau ist die Meisterleistung gelungen, aus dieser schütteren Vorlage einen packenden Zweiteiler zu formen, ohne dafür die "wahre Geschichte" preiszugeben. Regisseur Kaspar Heidelbach setzte das Ganze als mitreißendes Gefühlsfernsehen auf höchstem Niveau in Szene. Produzent Michael Souvignier hat es möglich gemacht, die Katastrophe unter Tage mit großem Gerät zu inszenieren - die "Special Effects" in den nachgebauten Stollen haben internationales Format. Gestützt von einem kongenialen Ensemble konnten Heino Ferch und Jan Josef Liefers dann mit ihrem intensiven Spiel aus namenlosen historischen Schicksalen Helden von heute machen.Aber das "Wunder von Lengede" war auch ein "Wunder von Sat.1". Mit rasanter Fahrt schickte der krisengeschüttelte Sender ein Millionenpublikum hinab in den Zeittunnel, an dessen Ursprung das Unglück bereits drohend heranflutet, während die Kumpel noch an harmloses "Spülwasser" glauben. Hier ist wie nur selten im deutschen Fernsehen der Versuch gelungen, Geschichte in eine Geschichte zu überführen. Ohne den damaligen Sat.1-Senderchef Martin Hoffmann, der mit viel Geld und Geduld diese Produktion über alle Irrwege und Fehlschläge hinweg zum Erfolg führte, wäre dieses "Wunder von Lengede" sicher so nicht möglich geworden.

 
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