60. Grimme-Preis 2024

Bosetti Late Night

(Turbokultur für ZDF/3sat)

 

Grimme-Preis an:

Sarah Bosetti (Buch/Moderation)

 

Produktion: Martin Danisch, David Hadda, Manuel Lorenz

Erstausstrahlung: 3sat, ab Sonntag, 22. Oktober 2023, 21.00 Uhr

Sendelänge: 3 Folgen, je 45 Minuten

 

Inhalt:

Seit Oktober 2023 ist Sarah Bosetti Gastgeberin ihrer eigenen Late-Night-Show bei 3sat. Die Autorin und Satirikerin hat sich schon in den vergangenen Jahren mit ihrem Mediathek-Format „Bosetti will reden!“ und dem von ihr moderierten „extra 3“-Podcast einen Namen gemacht – und beweist nun auch vor Publikum, wie gut sie ihr Handwerk versteht. In klassischer Late-Night-Kulisse versucht Bosetti das Genre neu zu definieren und mit Themen zu füllen, die ihr am Herzen liegen.

Erklärtes Ziel ist es, nicht nur selbst über Gendern, Cancel Culture, Klima und Wärmepumpen zu sprechen, sondern darüber, wie in Politik und Gesellschaft über diese Themen gesprochen wird. Dabei setzt Sarah Bosetti nicht nur auf ein klassisches Stand-up, sondern auf pointierte Erklärstücke sowie Gäste aus dem Comedy- und Satire-Fach und Konfrontationen mit Politiker*innen. In einem abschließenden Talk bemüht sich die Gastgeberin darum, verschiedene Aspekte der Themen zu beleuchten und darüber hinaus auch noch die Zuschauer*innen einzubeziehen – durch Debatten in den sozialen Medien, aber auch durch einen sogenannten „Bullshit-Button“, mit dessen Hilfe das Publikum im Studio seine Meinung zum Gesagten äußern kann.

 

Begründung der Jury:

„Satire, die mehr ist als nur Unterhaltung“: Keine Frage, Sarah Bosetti und das Team ihrer 3sat-Show „Bosetti Late Night“ haben sich zum Start viel vorgenommen – und schon in den ersten Ausgaben bemerkenswert viel richtig gemacht. Das klassische Late-Night-Konzept mit einer Mischung aus Monologen, Einspielern und Gästen hat die Satirikerin von Anfang an so sehr gesprengt, dass ihre Show binnen kürzester Zeit eine ganz eigene Dynamik entfaltet hat, die sie im deutschen Fernsehen unverwechselbar macht.

Gekonnt nimmt Bosetti aktuelle Themen der Gesellschaft auseinander, an erster Stelle in ihren satirischen Monologen, die sie schon in den vergangenen Jahren perfektioniert hat, jetzt jedoch angereichert um die spannende Mischung aus ihrer Bühnenpräsenz und gleichermaßen unterhaltsamen und wie lehrreichen Einspielfilmen, in denen sie mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg hält, zum Beispiel wenn sie sich – wie in einem auf den Fluren des Bundestags mit dem CDU-Politiker Paul Ziemiak gedrehten Interview über Migrationspolitik – nach einiger Zeit einfach nur noch gelangweilt zurücklehnen muss, um das soeben Gesagte zu entlarven.

Die größte Stärke von „Bosetti Late Night“ ist zweifelsohne das Gespräch, das am Ende jeder Ausgabe den Kern der Sendung bildet. Was schnell in einer Art Selbsthilfegruppe hätte enden können, besticht durch einen hohen Grad an Sachkenntnis und Tiefgang. Das gelingt einerseits durch eine gelungene Auswahl der Gäste, die trotz unterschiedlicher Auffassungen auf Augenhöhe diskutieren und nicht gegeneinander ausgespielt werden, andererseits durch eine Lust auf Erkenntnisgewinn: Wo andere Talkshows erst mühsam in die Themen einsteigen müssen, geht Bosetti ins Detail – ganz gleich, ob es um Armut in Deutschland oder den Klimawandel geht.

Die ersten Ausgaben zeigen, dass die Entwicklung der Sendung noch lange nicht zu Ende ist. Schon die dritte Folge mutet anders an als die erste – ein Beleg für die kontinuierliche Arbeit am Format und das Bestreben, die Stärken der Gastgeberin noch besser auszuspielen. Dass nicht immer alles auf den großen Lacher hinauslaufen muss, ist eine Wohltat in einem Genre, das viel zu oft auf den schnellen Applaus aus ist. Neben dem Spaß am Spiel in diesem oft bemühten Genre und der erkennbaren Lust auf echte Gespräche besticht „Bosetti Late Night“ auch durch eine ebenso kreative wie moderne Optik. Ihr anfängliches Versprechen hat die Show damit eingehalten. So darf es gerne weitergehen.

 
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