56. Grimme-Preis 2020

Chez Krömer (probono TV für rbb)

Grimme-Preis an

 

Kurt Krömer (Moderation)

Michael Maier (Regie)

Friedrich Küppersbusch (Produktion)

 

Produktion: probono TV

Erstausstrahlung: rbb, ab Dienstag, 03. September 2019, 22.00 Uhr

Sendelänge: 30 Min.

 

Inhalt

Ein Mann, ein Gast und eine Verhörzelle, die sich nur nach dem Entsichern mehrerer Schlösser und der Auslösung einer Sirene betreten lässt. So karg kann man das Konzept von „Chez Krömer“ zusammenfassen. Kurt Krömer lädt sich dabei mehr oder weniger berühmte Menschen ein und nimmt sie mit an Dreistigkeit heranreichender Direktheit ins Kreuzverhör, wobei er auf maximale Verunsicherung der Eingeladenen setzt. Er befragt sie, er quetscht sie aus und bedient sich dabei vielfältiger Hilfsmittel. Überwacht wird das Ganze vom Zuschauenden, der aus verschiedenen Kameraperspektiven auf die seltsame Szenerie blickt und dabei ungeahnte Einblicke erhält. Es geht sehr offensichtlich darum, die Gäste vom Absondern der üblichen PR-Stanzen abzuhalten, sie in eine Art Rechtfertigungszwang zu versetzen und ihnen ein Verhalten abzuhandeln, das sie so noch selten oder gar nicht gezeigt haben. Die Liste der Gäste reicht dabei vom Motivationstrainer über den Juso-Vorsitzenden bis hin zum ehemaligen Handball-Star. Mal stehen die Gäste dem Gastgeber nah, mal bilden sie den perfekten Kontrapunkt. Immer aber sind sie die Ahnungslosen, die sich einem aussetzen, der ihnen einiges abverlangt.

 

Stab

Produktion: probono TV

Produzent: Friedrich Küppersbusch

Idee/Moderation: Kurt Krömer

Regie: Michael Maier

Kamera: Monika Schmitt, Henry Grasse, Batholomaus Honik u.v.m.

Ton: Matthias Müller, Matthias Reich

Redaktion: Jürgen Stark

 

Begründung der Jury

„Chez Krömer“ ist ein durch und durch ungewöhnliches Format, das Erkenntnisse liefert, die so im herkömmlichen Fernsehen höchst selten im Angebot sind. Wer zu Kurt Krömer in die Show kommt, kann sich niemals sicher sein. Ob Freund oder Feind – Krömer zerlegt sie alle im Kreuzverhör und entlässt sie erst nach einer halben Stunde als sehr durchsichtige Wesen aus der Talk-Haft. Krömer erweist sich dabei als Gastgeber von hoher Präsenz. Er weiß in jeder Sekunde, welche Kamera gerade welches Bild aufnimmt, wohin sein Gast gerade schaut, und er scheut sich nicht, dieses Wissen schamlos auszunutzen. So lässt er den Eingeladenen auch mal eine halbe Minute auf einen Kofferdeckel starren, den er zwischen sich und dem Gast aufklappt. Warum? Weil er es kann und weil er sich in den sicheren Händen einer formidablen Regie weiß.

Jeder Versuch des Gastes, sich auf seine gewohnten Verlautbarungswege zu begeben, wird von Krömer gnadenlos sabotiert. Schafft es trotzdem jemand, mal kurz die Worthoheit an sich zu reißen, dann feuert Krömer kurzerhand einen Einspielfilm ab, in dem nicht immer nur Gutes offenbart wird. Er bedient sich dabei offen und brutal aus einem Repertoire an Hinterlistigkeiten, federt seine journalistisch sauber recherchierten Attacken aber regelmäßig mit seinem bekannten Berliner Derbcharme ab.

Krömer weiß stets die Balance zu halten und das Verhältnis zum Gast nie in den Bereich der Verärgerung abrutschen zu lassen. Droht die Gefahr dennoch, kann er sehr verbindlich säuseln. Am Ende weiß man vom Gast viel, vom Talkmaster wenig. Der Gast wird hier zu einem offenen Buch, der Gastgeber zu einem mit sieben Siegeln.

Solch ein Kunststück erfordert eine präzise Vorbereitung des Protagonisten und auch der im Hintergrund Wirkenden, die so ihre Schwierigkeiten gehabt haben dürften, geeignete Gäste zu finden, die sich auf dieses Spiel einlassen – ein Spiel, das nur am Anfang abgekartet wirkt. Schließlich besteht hier immer die Möglichkeit, dass ein Gast, der anfangs wie ein Verlierer wirkt und sich den Tricks von Krömer beugen muss, am Ende als Gewinner vom Platz geht. In anderen Gesprächssendungen weiß man sowohl als Gast wie auch als Zuschauer meistens vorher, was man später bekommt. Bei „Chez Krömer“ ist nichts klar. Berechenbar ist da nur das Unberechenbare, die Gewissheit, dass meist alles anders kommt, als man vorher denkt. So etwas offenbart sich im deutschen Fernsehen sonst höchstens unter dem Mikroskop, bei „Chez Krömer“ ist es die gute Übung, die dieses Format und seinen Formatträger so herausragend macht.

 
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