55. Grimme-Preis 2019

Bad Banks (LETTERBOX Filmproduktion/IRIS Productions für ZDF/Arte)

Grimme-Preis an

Oliver Kienle (Headautor, stellv. für das Autor*innen-Team)

Christian Schwochow  (Regie)

Dr. Lisa Blumenberg (Produktion)

Paula Beer (Darstellung)

Désirée Nosbusch (Darstellung)

 

Produktion: LETTERBOX Filmproduktion, IRIS Productions

Erstausstrahlung: ARTE, ab Donnerstag 01.03.2018, 20.15 Uhr

Sendelänge: 6 Folgen, jeweils 51-55 Min.


Inhalt

Die junge Investmentbankerin Jana Liekam (Paula Beer) liebt ihren Job in einer Bank in Luxemburg: Sie ist ehrgeizig, arbeitet viel, verdient viel Geld, und lebt luxuriös mit ihrem Freund und dessen Tochter in einer Kleinfamilie. Bis sie völlig überraschend ihren Job verliert. Die Managerin ihrer alten Bank, Christelle Leblanc (Désirée Nosbusch), verschafft Liekam einen neuen Job bei der konkurrierenden Deutschen Global Invest in Frankfurt. Dafür verlangt Leblanc eine Gegenleistung: Liekam soll Informationen über ihren neuen Arbeitgeber sammeln, die der Bank schaden könnten. Sie findet heraus, dass die DGI ihre Bilanzen fälscht und illegale Geschäfte im Ausland macht. Liekam bekommt Zweifel - an ihrem neuen Arbeitgeber und an ihrer Rolle als Whistleblowerin. Ihrer Mentorin Leblanc droht sie, sie auffliegen zu lassen und sagt sich von ihr los. Zusammen mit zwei Arbeitskollegen nutzt Liekam ihr gesammeltes Wissen über die DGI und treibt sie in den Absturz, um sich für eine Karriere nach dem Crash zu rüsten.

 

Stab

Buch: Oliver Kienle, Jana Burbach, Jan Galli

Regie: Christian Schwochow

Kamera: Frank Lamm

Schnitt: Julia Karg, Jens Klüber

Ton: Carlo Thoss

Musik: Kyan Bayani

Darstellung: Paula Beer, Barry Atsma, Désirée Nosbusch, Albrecht Schuch, Mai Duong Kieu, Marc Limpach, Germain Wagner, Jörg Schüttauf, Tobias Moretti, Jean-Marc Barr, Jeff Wilbusch, Utsav Agrawal, Kim Beidler, Michael Lucke, Patrick Dewayne u.a.

Produzenten: Dr. Lisa Blumenberg, Nicolas Steil

Redaktion: Caroline von Senden (ZDF), Alexandra Staib (ZDF), Uta Cappel (ARTE), Andreas Schreitmüller (ARTE)

 

Jurybegründung

„Bad Banks“ ist mehr als ein Thriller über die Finanzwelt. „Bad Banks“ ist eine Studie darüber, wozu Menschen fähig sind, wenn sie verführt werden – vom Erfolg, vom Geld, von der Gier und der Macht. „Bad Banks“ ist aber auch, und das überzeugte die Jury besonders, eine Serie, die zwei komplexe Frauenfiguren so inszeniert, wie man sie im deutschen Fernsehen selten sieht.
Da ist zum einen Jana Liekam (Paula Beer), die junge Investmentbankerin. Liekam will nach oben.  Sie lernt zu lügen, zu betrügen und zu hintergehen. Sie lernt, dass selbst ihre einst als Freundin geglaubte Mentorin, die Managerin Christelle Leblanc (Désirée Nosbusch), nur ihr eigenes Interesse verfolgt. So reizvoll die Figur der Jana Liekam angelegt ist, ohne das Spiel von Paula Beer wäre sie nur halb so überzeugend. Beer spielt die Liekam mit Energie und Eiseskälte. Sie verkörpert die Wandlung von einer, die zu Beginn heulend im Büro ihrer Chefin steht, zu einer, die eben jene Chefin ans Messer liefert, absolut glaubhaft.
Ihr Gegenüber, Christelle Leblanc dagegen gleicht der Sphinx. Auch sie ist machtbesessen und gierig. Aber Désirée Nosbusch spielt dies mit größtmöglicher Eleganz und Selbstbeherrschung. Sie weiß, dass sie als alternde Frau nicht mehr viel Zeit hat, um ganz nach oben zu kommen. Umso berechnender muss sie agieren. Dass ihr dabei gerade ihr Zöglin Liekam in den Rücken fällt, ist ein besonderer Reiz des Drehbuchs.
„Bad Banks“ zeigt, dass sich gutes Fernsehen aus Deutschland nicht immer mit deutscher Vergangenheit auseinandersetzen muss. Die Serie behandelt leichtfüßig die großen Fragen unserer Zeit: ein hochkomplexer Finanzmarkt, den kein Skandal aufhält, ein Kapitalismus, in dem die einen mit dem Leid der anderen Geld verdienen, eine Branche, die so zugedröhnt ist mit Koks und Größenwahn, dass sie den Bezug zur Realität verliert und Politiker, die naiv dem großen Geld gegenüber stehen.
Das alles birgt die Gefahr, platt und klischeehaft erzählt zu sein. Aber „Bad Banks“ ist in jeder Hinsicht hochprofessionell produziert.
Das Autor*innenteam um Oliver Kienle erspart uns typisch öffentlich-rechtliche Erklär-Dialoge. Stattdessen folgt ein englischer Finanzbegriff dem anderen. Kaum ein Zuschauer dürfte sie verstehen, aber das spielt auch keine Rolle. Was zählt, sind Zahlen die sich mit rasanter Geschwindigkeit in die Höhe schrauben oder in die Tiefe stürzen und bei den Bankern das Adrenalin freisetzen.
Immer wieder taucht die Frage auf: Warum? Warum machen wir das? Warum geben wir uns diesen Druck, die Panikattacken, die schlaflosen Nächte, die zerbrechenden Beziehungen? Work hard. Play hard. Jana Liekam gibt am Ende die Antwort: „Weil ich es brauche“ sagt sie, nicht mehr als die Lernende vom Anfang – sondern als die Süchtige, die sie geworden ist. Eine Sucht, die sie mit den Zuschauer*innen teilt.

 
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