47. Grimme-Preis 2011

Zivilcourage (WDR)

PreisträgerInnen

Buch: Jürgen Werner
Regie:
Dror Zahavi
Darstellung:
Götz George, Carolyn Genzkow

Produktion: Colonia Media, Sonja Goslicki

Erstausstrahlung: Mittwoch, 27.1.2010, 20.15 Uhr

Sendelänge: 90 Min.

Inhalt

Peter Jordan besitzt ein Antiquariat in einem Berliner Problembezirk. Eines Abends wird er Zeuge wie ein Jugendlicher aus dem Kosovo einen Mann halb tot tritt. Pflichtbewusst erstattet er Anzeige bei der Polizei. Kurze Zeit später wird er vom Bruder des Täters bedroht und unter Druck gesetzt, die Anzeige zurückzuziehen. Ein Albtraum aus Gewalt und Bedrohung beginnt, der Jordans Weltbild ins Wanken bringt.

Begründung der Marler Gruppe

Der Alt-68er Peter Jordan lebt allein in einer schönen Altbauwohnung eines Berliner Problembezirks und betreibt ein Antiquariat. Seine Tochter ist mit ihrer Familie längst aus diesem Viertel weggezogen und wohnt jetzt am Stadtrand von Berlin. Jordan arbeitet in seinem Antiquariat, geht zum Einkaufen und trifft abends in seiner Stammkneipe seinen alten Gesinnungsgenossen. Bei einem Glas Rotwein wird über Ideale und Wertesysteme diskutiert und lamentiert. Jordan ist ein Ästhet, glaubt an das Gute und vertraut dem Rechtsstaat.

Eines Abends wird er Zeuge, wie ein 16jähriger Bosnier einen Mann fast totprügelt. Er mischt sich ein und erstattet Anzeige gegen Afrim. Das Leben von Jordan verändert sich schlagartig, verschiedene Welten prallen aufeinander. Afrims älterer Bruder hat im Bürgerkrieg gekämpft und sah, wie seine Eltern starben. Da er nur noch seinen Bruder hat, drängt er Jordan mit massiver Gewalt, die Anzeige bei der Polizei zurückzunehmen. Aber Jordan zeigt „Zivilcourage“ und lässt sich nicht einschüchtern, selbst als er von Afrims Gang zusammengeschlagen und seine Wohnung verwüstet wird. Als jedoch seine Enkelkinder vom Bruder Afrims bedroht werden, besorgt er sich eine Schusswaffe.

Das sensibel geschriebene Drehbuch des Dramas „Zivilcourage“ von Jürgen Werner zeigt die Geschichte eines Mannes, der für sein Wertesystem einsteht. Götz George verkörpert die Rolle des Peter Jordan in grandioser Manier. Die Zuschauer werden in verschiedene Welten geführt. Kulturelle Unterschiede werden deutlich. Die gesellschaftspolitische Situation in unserem Lande wird uns vor Augen geführt. Themen wie Gewaltbereitschaft, Wegsehen, Belastung der Polizei und Justiz werden zu unseren Themen. Der Film legt die Finger in eine offene Wunde, fängt die Stimmung vor Ort ein. Trotzdem erfolgt keine Schuldzuweisung, werden weder Polizei noch Politik vorgeführt.

Durch die einfühlsame Bildgestaltung von Gero Steffen wird dem Zuschauer das Gefühl vermittelt, mitten im Geschehen zu sein, ja sogar eine der Figuren sein zu können. Licht und Farbe sowie die dichten Bilder unterstützen in besonderer Weise das dramaturgische Konzept und ermöglichen dem Zuschauer einen emotionalen Zugang.

Der Regisseur Dror Zahavi zeichnet seine Figuren intensiv und differenziert. Jede einzelne steht parabelhaft für eine bestimmte Wertehaltung in der Gesellschaft. Dies wird uns in grandiosem Zusammenspiel der Protagonisten gezeigt, besonders jedoch von Götz George und Carolyn Genzkow.

 
Zurück