50. Grimme-Preis 2014

Sonneborn rettet die Welt (ZDF/ZDFneo)

PreisträgerInnen

Martin Sonneborn ("Weltretter")

Andreas Coerper (Idee/Buch/Regie)

Susanne Müller (Regie/Produktion)

Produktion: Smac Film

Erstausstrahlung: Sonntag, 10.10.2013, 22.45 Uhr, ZDFneo

Sendelänge: 30 Min.

Inhalt

Martin Sonneborn – seines Zeichens Journalist, TITANIC-Chefredakteur a.D. und in der PARTEI mit der Funktion des ‚GröVaZ’ („Größter Vorsitzender aller Zeiten“) betraut – wirft in der dreiteiligen Reportage-Reihe Sonneborn rettet die Welt einen satirischen Blick auf den derzeitigen Zustand der Welt und entwickelt Wege, den vom Club of Rome prognostizierten nahenden Weltuntergang abzuwenden. Gekleidet in ein Superman-T-Shirt macht sich Sonneborn so mit seinem Roller auf, um sich in der ersten Folge der Gefahr des Zusammenbruchs der Finanzmärkte zu widmen. Dabei geht er u. a. mittels skurriler bis absurder Interviews mit Politikern und Bankern und dem Besuch eines ‚Daytrader’-Seminars  den Ursachen der Krise auf den Grund. In der zweiten Folge wirft Sonneborn das Schlaglicht auf die Umweltzerstörung und vernichtet zur Rettung des Klimas mit Bundesumweltminister Altmaier –  mehr oder weniger klimafreundlich – gekaufte CO2-Zertifikate, fühlt der Europäischen Strombörse auf den Zahn und steigt anschließend selber im Gespräch mit Bärbel Höhn in den Emissionshandel ein. In seinem Praktikum als ‚Lebensmittelretter’ setzt Sonneborn ein Zeichen gegen Verschwendung und erweitert seine Essgewohnheiten um Nahrungsmittel aus der Mülltonne. Im dritten Teil von Sonneborn rettet die Welt eruiert Sonneborn mithilfe niederbayrischer Junglehrerinnen die Ursachen der deutschen Nicht-Unterzeichnung des Anti-Korruptionsgesetzes und bietet unter dem Motto „Berlin bestechend!“ eine Sight-Seeing-Tour zu den spannendsten Korruptionsschauplätzen der Regierungshauptstadt an.

Stab

Produktion: Smac Film

Federführender Sender: ZDFneo

Idee/Buch/Regie: Andreas Coerper

Regie/Produktion: Susanne Müller

Kamera: Andreas Coerper

Schnitt: Mark Broszeit, Markus Ortmanns

Ton: Max von Dohna

Redaktion: Jens Matthey, Sarah Flasch

Jurybegründung

Man muss Martin Sonneborn gesehen haben. Er schaut supernormal aus und macht meist ein Gesicht, als ginge ihn der Rest der Welt nichts an. Lächeln? Selten. Lachen? Gar nicht. Ruhig, nüchtern, unverzagt, so geht er seinen Weg. Und dann das: Er bleibt stehen, öffnet ruckartig sein Hemd, und was kommt zum Vorschein? Ein Shirt mit einem großen S drauf, wie nur Superhelden es auf der Brust tragen dürfen. Sollte etwa Sonneborn... ? Da sagt er es selbst: "Ich hab mir überlegt, ich will die Welt retten." Sein unscheinbares Äußeres, die zur Schau getragene Lässigkeit, alles nur Tarnung. Und gleich legt er los, ausgerüstet mit Mikrophon und den - wie man annehmen darf - zum großen S gehörenden Superkräften. Umweltsünder, Staatsbankrotteure, Finanzhaie, ihr habt keine Chance. Denn jetzt kommt Sonneborn. Als erstes etabliert er den "Weltrettungstag". Die Leute auf der Straße finden das prima.

Sonneborn rettet die Welt als Reporter. Er befragt Passanten, aber auch einflussreiche Menschen, vom Politiker bis zum Banker, und regt zu rettenden Konzepten an. In den Zwischenpausen liegt er auf seinem kargen Bett und grübelt. Einfach ist es nicht mit der Weltretterei. Er spricht zu uns Zuschauern, erklärt, was er vorhat, z.B. den Club of Rome herausfordern oder die Deutsche Bank interviewen. Letzteres ist sein bisher größter Erfolg. Die Bank hat ihm auf sein Begehren hin eine Liste von genehmigten Fragen geschickt - und die Antworten gleich dazu. Und Sonneborn geht hin und setzt vor laufender Kamera mit einem ahnungslosen Pressemann das vorgefertigte Interview um. Er macht das ganz ernst, sehr empathisch und kooperativ. Was natürlich auch nur wieder eine Tarnung ist. Denn der Presse-Fuzzi und mit ihm die Deutsche Bank, die stehen ganz schön blöde da. Und Sonneborn darf wieder mal ruckartig sein Hemd öffnen. Was er leistet, ist eine Ausleuchtung der Strecke nach der Satire, nach der Entlarvung, nach der Bloßstellung. Was er "herausfindet" in seinen Interviews, das wussten wir schon. Aber dank Sonneborn erkennen wir eine neue Dimension in den Verschwörungen der Weltuntergangs-Betreiber: ihre bodenlose Idiotie, ihre unüberbietbare Lächerlichkeit. So wird die Welt tatsächlich ein Stück weit gerettet. Man lacht sich über ihre Verderber schief.

 
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