48. Grimme-Preis 2012

Ein guter Sommer (ARD/HR)

PreisträgerInnen

Edward Berger (Buch/Regie)
Michael Schenk (Buch)
Andreas Schmidt, Jördis Triebel, Devid Striesow (Darstellung)

für

Ein guter Sommer (ARD/HR)

Produktion: HR

Inhalt

Andi Komorowski ist Busfahrer. Doch an jenem morgen, an dem er eine Reisegruppe fahren soll, will er sich das Leben zu nehmen. Der Suizidversuch – ein Sprung vom Hoteldach – misslingt. Angehörige und Freunde, die ihm beistehen könnten, gibt es nicht. Er ist mit seinen Problemen allein. Als sich Andi entschließt, den Job zu wechseln, erklärt er dem Mitarbeiter einer Personalagentur: “Ich will etwas machen, was Sinn macht.” Hauptsache, die Tätigkeit habe mit Menschen zu tun. Nur kurz im neuen Job auf einer Baustelle, erfährt sein Kollege Frieder von zwei Rettungshelfern, dass seine Frau gestorben ist. Frieder trauert, ist ungläubig. In dieser Situation drängt sich Andi ihm auf, denn er sucht Anschluss und wieder einen Lebenssinn. Andi zieht bei Frieder ein und nimmt mit der Rettungssanitäterin Hanna Kontakt auf. Aus der zufälligen Begegung von Andi, Frieder und Hanna entwickelt sich im Lauf der Zeit eine tiefe Freundschaft. Als Frieder erfährt, dass er von seiner Frau ein großes Vermögen geerbt hat, beginnt für ihn ein neues Leben, an dem er die beiden anderen teilhaben lässt. Eine Wohnung in bester Frankfurter Lage, schicke Restaurants, neu gewonnene Freiheit: Für die drei dauert das Abenteuerleben einen ganzen Sommer. Hanna und er werden schließlich ein Paar. Doch dann erfährt Andi, dass er Magenkrebs hat. Wie lange er noch zu leben hat, weiß er nicht. Eine Operation lehnt er ab. Im Angesicht seines Todes bereut er, vieles im Leben nicht gemacht zu haben. Mit einem Lächeln blickt er daher besonders auf die letzten Monate zurück: “Das war noch mal ein richtig schöner Sommer.”

Stab

Produktion: HR

Federführender Sender: HR

Buch: Edward Berger, Michael Schenk

Regie: Edward Berger

Kamera: Armin Alker

Schnitt: Stefan Blau

Ton: Majid Sarafi

Musik: Christoph M. Kaiser, Julian Maas

Darstellung: Andreas Schmidt, Jördis Triebel, Devid Striesow, Michael Schenk, Nicole Marischka, Arved Birnbaum

Redaktion: Jörg Himstedt

Erstausstrahlung: Das Erste, Mittwoch, 29.06.2011, 20.15 Uhr

Sendelänge: 90 Min.

Jurybegründung

Ein feiner Hauch von "Jules & Jim" liegt über dieser anmutigen Tragikomödie. Federleicht hat Edward Berger sie inszeniert, auf zart dahingetupften, lebensklugen Dialogen lässt das Drehbuch von Berger und Michael Schenk sie schweben: Drei Menschen mit durchschnittlichen Berufen - ein Reisebusfahrer, ein Handwerker, eine Krankenschwester - treffen aufeinander, drei Menschen, die sich nie begegnet wären, wenn nicht der todkranke Busfahrer Andi nach einem jämmerlich missglückten Selbstmordversuch beschlossen hätte, noch einmal etwas ganz Neues anzufangen mit der kurzen Zeit, die ihm noch bleibt. Er kündigt seinen Job als Busfahrer und will jetzt "was mit Menschen machen". "Ein guter Sommer" erzählt davon, wie aus dieser Allerweltsfloskel die magische Triebkraft für Freundschaft und Liebe wird.

Andreas Schmidt spielt den introvertierten, aber entwaffnend hartnäckigen, nach menschlicher Beziehung hungernden Andi mit einer anrührenden Mischung aus Penetranz, Naivität, Liebenswürdigkeit und Traurigkeit; als einen Menschen, der darüber schweigt, dass er bald sterben wird, der nichts mehr zu verlieren, nur noch eine kleine Zeitspanne Glück zu gewinnen hat und dafür bereit ist, jede Abweisung zu ignorieren. Sein neuer Arbeitskollege Frieder (Devid Striesow), dem man gerade die Nachricht überbracht hat, dass seine Frau bei einem Autounfall gestorben ist, wird zu Andis erstem Prüfstein. Im wahrsten Sinn des Wortes. Denn wie versteinert in seinem Schmerz kapselt sich Frieder gegen Andi ab, der sich ungefragt in dessen Wohnung einquartiert und ihm nicht mehr von der Seite weicht.

Hanna (Jördis Triebel), die Krankenschwester, die Frieder die Todesnachricht überbringen musste, ist die zweite, die in den Bannkreis des liebesbedürftigen Andi gerät, seinem unbeholfenen Werben erliegt und ihr Schneckenhaus der Einsamkeit verlässt. Und es ist ein Hochgenuss, diesen drei fabelhaften Schauspielern-dabei zuzuschauen, wie sie beginnen, sich aufeinander einzulassen, mit welch natürlicher Bodenständigkeit sie ihre Figuren in der Alltäglichkeit erden und ihnen zugleich den Glanz einer außergewöhnlichen Schicksalsverbundenheit verleihen; und wieviel Sinnlichkeit und sprühende Lebensfreude sie vermitteln und dennoch den Todesschatten integrieren, der auf dem Trio liegt. Wie mit einem Zauberstab berührt ist dieser Film, dem es bravourös gelingt, die Balance zwischen Trauer, Todesschmerz, Liebe, Lebenslust und fein dosiertem Humor zu wahren: eine Tragikomödie, die auf leisen Sohlen kommt und trotzdem Spuren hinterlässt.

 
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